Univ.-Prof. Dr. Eduard Reut-Nicolussi
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Flucht aus Italien 1927,
Berufsverbot 1939,
Widerstandskämpfer (unentdeckt)
Mitgliedschaften
ÖCV:
Lebenslauf
Eduard Reut-Nicolussi lernt bereits in seiner Schulzeit am deutschen Gymnasium in Trient den Kampf um seine Heimat Südtirol kennen. Nach der Matura 1906 geht er nach Innsbruck zum Jusstudium, das er 1911 mit der Promotion zum Dr. iuris abschließt. Hier tritt er 1906 der Studentenverbindung Austria Innsbruck bei. Nach dem Studium absolviert er das Gerichtsjahr und ist ab 1912 Rechtsanwaltsanwärter.
1915–1918 dient er im 4. Tiroler Kaiserjägerregiment, zuletzt als Landsturmoberleutnant, am Col di Lana wird er schwer verwundet.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs 1918 tritt Eduard Reut-Nicolussi für die Rechte Südtirols ein. Er gründet 1919 den Andreas-Hofer-Bund für die Landeseinheit Tirols. Seine Mandate im Tiroler Nationalrat, im Vollzugsausschuss der Tiroler Nationalversammlung sowie im Tiroler Landtag und in der Konstituierenden Nationalversammlung in Wien enden mit dem Friedensvertrag von St. Germain vom 18.11./15.12.1919.
Am 18.11.1919 scheidet er aus dem österreichischen Parlament aus, zieht nach Bozen und wird selbständiger Rechtsanwalt. Ohne Rücksicht auf die Nachteile und auf die Gefahren, welche seine körperliche Sicherheit wie auch seine berufliche Existenz bedrohen, setzt er sich offen für die Anliegen Südtirols ein und vertritt ab dem 21.6.1921 die Rechte seiner Landsleute als gewählter Abgeordneter für den „Deutschen Verband“ [DV], einem Zusammenschluss der katholisch-konservativen „Tiroler Volkspartei“ mit der großdeutschen „Freiheitlichen Partei“, in der italienischen Abgeordnetenkammer, bis der Faschismus 1924 das Parlament auflöst. 1921 entgeht er am sog. „Blutsonntag“ am 24.4.1921 nur knapp einem Attentat der Faschisten, am 22.7.1921 wird er tätlich angegriffen.
1926 wird der DV verboten und Eduard Reut-Nicolussi 1927 die Ausübung seines Berufes als Rechtsanwalt untersagt, weil er zwei Hilfslehrerinnen wegen verbotenen Deutschunterrichts strafverteidigt hat. Auf Grund einer vertraulichen Warnung kann er sich im Herbst des gleichen Jahres nur durch rasche, unvorbereitete Flucht über die Ötztaler Gletscher der Verhaftung entziehen. Am 23.6.1927 gehört er zu den Mitbegründern der Rheno-Danubia in Innsbruck. 1928–1930 unternimmt er Studienreisen nach Deutschland, Frankreich, England und Amerika. Er habilitiert sich 1931 an der Universität Innsbruck in Völkerrecht und Rechtsphilosophie und wird 1934 zum a. o. Universitätsprofessor ernannt. Von hier aus kämpft er weiter für die Rechte seiner Südtiroler. Er wirbt um Freunde und Unterstützung für die gerechte Sache und schreibt das in mehrfacher Auflage erschienene und ins Englische übersetzte Buch „Tirol unterm Beil“.
Da seine Haltung und seine Kritik den Bündnisplänen von 1939 zwischen Adolf Hitler und Benito Mussolini zuwiderlaufen, nämlich die Umsiedlung der Südtiroler (sog. Option), darf er nur noch Zivilrecht lehren. Der Andreas-Hofer-Bund wird aufgelöst und sein Buch verboten. Vor Kriegsende wird Eduard Reut-Nicolussi zu den „Standschützen“ (dem Tiroler „Volkssturm“) in den Vinschgau einberufen. Er leitet die Widerstandsgruppe POEN, das „Provisorische Österreichische Nationalkomitee“, die gemeinsam mit anderen Gruppen den einrückenden US-Soldaten der 103. US-Infanteriedivision das von den Nazis befreite Innsbruck übergibt. Am 3.5.1945 hält er im Innsbrucker Landhaus die Begrüßungsrede an die Kommandanten der einmarschierenden US-Soldaten.
Nach dem Krieg zieht er sich 1946 weitgehend aus der Politik zurück, nachdem Südtirol endgültig bei Italien bleibt, und kehrt auf den Lehrstuhl in Innsbruck zurück; 1946/47 wird er zum Dekan und 1951/52 zum Rektor der Universität gewählt.
Als Vorsitzender des „Verbandes der Südtiroler“ hat er sich bis zu seinem Tode für dessen Anliegen eingesetzt. „Er liebte Tirol – und die Freiheit“ – so steht auf seinem Grabstein.
Orte
Wohnort:
Quellen
- Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien), S. 281/282.
Photo: ÖCV