Sturm der SA auf die Buden – der 12. März und danach

Sturm der SA auf die Buden

Mit dem 12. März 1938 wurden viele Buden (Vereinslokale) von Mittelschul- und Studentenverbindungen von HJ oder SA gestürmt, verwüstet und das Verbindungseigentum konfisziert oder zerstört. Die neuen Machthaber entluden ihren geballten Hass auf den Buden und oftmals den Verbindungsmitgliedern. Viele Mitglieder katholischer Verbindungen waren bereit zum bewaffneten Kampf für Österreichs Freiheit. Nun wurden sie zu Verfolgten des Regimes. Hier finden sich Berichte, wie Mitglieder einzelner Verbindungen die Märztage 1938 und die folgende Zeit erlebten.

Quelle: Fritz, Herbert/Krause, Peter (2013): Farbe tragen, Farbe bekennen 1938–45. Katholisch Korporierte in Widerstand und Verfolgung. (ÖVfStg), 2013, S. 186-223.


K.Ö.St.V. Aargau Wien im ÖCV

Im folgenden Wintersemester 1937/38 war ich bei meiner Verbindung [Anm. Aargau Wien] Consenior und wurde für das Sommersemester 1938 zum Senior gewählt. Die Verbindung hatte damals ihre Bude in der Thurngasse, wenn man von der Währingerstraße kommend die Stiegen hinunter geht, das erste Haus links.

Der Verbindungsbetrieb war in den Herbsttagen [1937] normal und emsig. Nur der Farbenbummel auf der Universität war stürmisch. In der Aula der Universität war der Bummelplatz des „Waffenringes“ auf der Juristenseite; der Bummelplatz für die Corps (sie waren heimattreu und meist beim Stufko [Studentenfreikorps der Heimwehr]), die Stirnseite zwischen der Juristen- und der Philosophenfakultät auf der Seite der Philosophen war unser Bummelplatz. Dann war bei der Stiege zur Universitätsbibliothek der Platz für das „Ringelspiel“, die jüdischen Studenten.

Nun kam es schon im Wintersemester fast bei jedem Farbenbummel zu Schlägereien mit den „Schlagenden“ des „Waffenringes“ und uns CVern.

In dieser Zeit vor dem Anschluss wurde im WCV das „Sturmkorps der Vaterländischen Front“ aufgestellt. Diese Kommandos wurden in diesen Tagen überall aufgestellt und auch meine Verbindung rückte auf die Noricabude im Schwarzspanierhof, wo auch die Kommandozentrale des WCV war, aus, um zu exerzieren und zu üben. Das war Ende Februar und in den ersten Märztagen.

Zur Sicherung dieser [von Schuschnigg angesetzten] Volksabstimmung wurde am 10. März der Bundesheerjahrgang 1935 zu den Waffen gerufen und die ganze Frontmiliz alarmiert. Beide Alarmierungen trafen mich als Senior am Vormittag des 11. März auf der Bude. Weil ich sofort zum Bundesheer einrücken musste, übergab ich die Verbindung meinem Bb Neugebauer, einem Kadett-Zugsführer bei den Dragonern, mit der Weisung, mit der ganzen Verbindung auf die Noricabude zum „Sturmkorps der Vaterländischen Front“ einzurücken.

Ich selbst ging natürlich in Couleur mittags nach Hause in den 4. Bezirk. Beim Messepalast kam ich gerade zurecht, wie SS-Leute die Passanten zu einer Demonstration gegen die Regierung auf dem Ring mit Gewalt zusammentrieben. Ich wurde, weil ich mich weigerte zu demonstrieren, zusammengeschlagen. Etwas ramponiert kam ich nach Hause, packte meine Sachen und rückte in die Rossauerkaserne ein. […]

Mein erster Weg war auf unsere Verbindungsbude in der Thurngasse. Zu meiner Überraschung war sie noch frei. Mit zwei Bundesbrüdern brachten wir sofort die Fahne, die Siegel und die Bücher in Sicherheit. Dann kamen wir sofort ein zweites Mal und schleppten weg, was wir tragen konnten, aber hinter uns kam schon die SA und verwüstete die Bude.

Eine Zeit später, aber noch im Sommersemester, bekam ich die Aufforderung in die Gauleitung, sie war schon im Parlament untergebracht, zum Stillhaltekommissär zu kommen mit der Verbindungskassa und abzurechnen. Das tat ich und musste dort die sofortige behördliche Auflösung meiner Verbindung zur Kenntnis nehmen.

Quelle: Dr. Gerhard Hermann, in: 1938 – Kartellbrüder erinnern sich, S. 51 ff.


K.Ö.St.V. Aggstein St. Pölten im MKV

Obwohl wir in den Februartagen 1938 einen bitteren Aderlass hinnehmen mussten, versuchte doch Prof. Heinrich Raab die „letzten Getreuen“ um sich zu scharen. In diesen Tagen war auch der nachmalige Landesschulinspektor Hofrat Hermann Käfer bemüht, diejenigen, denen der Burscheneid etwas bedeutete, um sich zu sammeln. Als Sammelpunkt galt die Blasmusikkapelle, die im Lehrerseminar bestand. Um möglichst unauffällig zu sein, wurde diese noch im Februar 1938 der Musikschule der Stadt angegliedert. Die Aufnahme in diesen Klangkörper wurde aber noch lange vom Internat der Lehrerbildungsanstalt gesteuert. Für uns war das ein ungefährlicher Treffpunkt. Außerdem konnten wir uns im „Haus“ (=Internat) leichter zu „Einzelproben“ zurückziehen. Im Frühsommer 1939 legten die ersten Bundesbrüder die Lehramtsprüfung ab. 1941 verließen diejenigen, die noch 1937 geburscht wurden, die Anstalt. Der Kontakt zu den Bundesbrüdern Wilhelm Prana, K. Hagenhuber, Fritz Kleiner und Georg Schachenhofer, Kartellbrüdern Robert Lechner und B. Fürnsinn, sowie ab 1940 zum späteren Landesschulinspektor Hofrat Hermann Käfer ist während der langen Zeit der Unfreiheit nie abgerissen. Von 1942 bis 1944 war ich mit meinem Bundesbruder Alois Hirsch in gleicher Stellung auf einem Radargefechtsstand. Auch er [Käfer] wusste von unseren Verbindungen. Und so wurde die Feldpostnummer L50833 zu einer Drehscheibe in europäischen Kriegsschauplätzen Aus dieser Zeit sind noch etliche Briefe erhalten. Sie zeugen, dass wir auf amicitia, patria und unseren Glauben nicht vergessen hatten.

Quelle: Hans Hütthaler in: Ad multos annos! Festschrift zum 80. Stiftungsfest der K.Ö.St.V. Aggstein, St. Pölten 1999, S. 29ff.


K.T.St.V. Alemannia Innsbruck im MKV

Noch in der Nacht vom 11. auf den 12. März besetzte SA unsere Bude im Gasthaus „Rößl in der Au“ und veranstaltete aus den Verbindungsschildern und anderen brennbaren Sachen im Gastgarten ein Freudenfeuer. Während die SA Appell hatte, wagte es unser damaliger aktiver Bursch Benjamin Flößl v. Armin, mit Fahrrad und Handwagen vorzufahren und zu retten, was noch zu retten war. Er lud die Fahne Herulias (einer katholischen Pennalie, die 1937 mit Alemannia fusionierte) auf, packte die Wichsen zusammen und alle bemalten Bierkrüge, Kommersbücher usw. und brachte einen großen Teil in seinem Zimmer in der Fischerstraße unter. Die Wichsen verteilte er unter die Burschen, und vom letzten Geld aus der Verbindungskasse kauften sie sich eine Liesl Bier. Einige Tage später musste der Kassier das Kassabuch der Verbindung mit dem restlichen Geld, es waren noch 22 Groschen, bei der Polizei abliefern. Die Fahne Herulias und die Wichsartikel behielt er. Die Standarte Alemannias und die Bierkrügl übernahm Karl Kluckner v. Dr.cer. Pips. Jeder Aktive, der vom Verbindungsinventar etwas erhalten hatte, versprach, bei einem Wiedererstehen der Verbindung diese Sachen sofort zur Verfügung zu stellen. Im November 1938 und im Februar 1939 fanden noch geheime Veranstaltungen unter dem Deckmantel einer Klassengemeinschaft statt. Im Sommer 1939 kam jedoch der Verbindungsbetrieb gänzlich zum Erliegen.

Quelle: Festschrift zum 50. Stiftungsfest der K.Ö.St.V. Alemannia Innsbruck, Innsbruck 19 56, S.51 ff.


K.Ö.H.V. Alpenland Wien im ÖCV

Noch am 12. März versammelten sich mehrere Bundesbrüder auf der Bude und versuchten, Dokumente, Couleurartikel, Cerevis, Schläger und Schärpen in Sicherheit zu bringen. Dramatisch gestaltete sich die Rettung unserer Fahne: so lesen wir in einem Brief des letzten aktiven Seniors Hans Paukowitsch: „Am 13. März gelang es mir noch vormittags die Bude zu betreten. Ich konnte dort die wichtigsten Personalsachen vernichten. Die Verbindungsfahne nahm ich von der Stange und rollte sie unter dem Mantel um den Körper. Außerdem konnte ich noch das große BC-Protokollbuch und das CC-Protokollbuch mitnehmen. Bereits im Stiegenhaus begegnete mir ein SA-Trupp, der mich nach der Alpenland fragte und dann die Bude plünderte und demolierte. Die geretteten Sachen übergab ich dann Bundesbruder Dipl.Ing. Slezacek – da ich bereits auf Gestapo-Besuch wartete – der alles gut verwahrte, so dass auf diese Art der Verbindung die kostbare Fahne erhalten blieb.“

Quelle: Vorort Alpenland / 75 Jahre K.Ö.H.V. Alpenland zu Wien, Wien 1996, S. 21.


K.Ö.St.V. Almgau Salzburg im MKV

In den nächsten Tagen versuchten wir, allerdings recht vorsichtig, wieder mit unseren „österreichisch“ gebliebenen Freunden in Kontakt zu kommen, um festzustellen, in welche Lage sie durch die NS-Maßnahmen gekommen war bzw. kommen sollten. Die Buden der der MKV-Verbindungen und der CV-Verbindung Rheno-Juvavia wurden durchsucht, das Inventar beschlagnahmt. Nur weniges konnte in letzter Minute noch gerettet werden, so trotz Hausdurchsuchung beim letzten Senior die Almgau-Fahne, die dann das ganze Dritte Reich beim letzten Senior unter einem Kohlenhaufen überlebte, und auch die Fahne Rheno-Juvavias, die zertrennt ins Saargebiet wanderte. Einige Aktive wurden auch „zur Auskunftserteilung“ vorübergehend festgehalten. Unter der Altherrenschaft gab es reihenweise Entlassungen und Verhaftungen. Als besonders trauriges Beispiel ist mir noch die Verhaftung unseres AH Giglmayr, des Gesellenhauspräses, in Erinnerung. Sie erfolgte durch zwei illegale SS-Männer, die Mitglieder der kath. deutschen Burschenschaft Austro-Germania waren, deren Band auch er trug. Die restlose Zerrissenheit dieser Burschenschaft hatte sich schon lange vorher gezeigt. Ansonsten aber gab es kaum „Märzveilchen“ in unseren Reihen. Eine größere Anzahl von „Umfallern“ unter den Angehörigen von Bajuvaria und Langobardia hatte man noch Wochen vor dem Anschluss ausgeschlossen. Nun aber zeigte sich ein verschworener Zusammenhalt unter den verbliebenen Aktiven. Almgau versuchte sogar, den Betrieb illegal weiterzuführen, was auch bis zu einem gewissen Grad gelang. So gab es am 30. März 1938 auf der Bude von Josef Ebner sogar noch eine Rezeptionskneipe für Alfred Mateja und immer wieder kleinere Treffen von Bundes- und Kartellbrüdern, Besuche bei inzwischen zum Arbeitsdienst eingezogenen bzw. zur Wehrmacht einberufenen Bundesbrüdern und ähnliches mehr. Die letzte Almgaukneipe fand unter meinem Vorsitz als Alt-Senior zu Ostern in nächtlicher Stunde in der Wohnung eines getreuen Freundes Almgaus, Herrn Dr. Landauer, statt. Es waren nur sechs oder sieben Aktive und zwei Couleurdamen, eine davon wurde später meine Frau, anwesend, aber es gab noch eine Burschung und eine Rezeption. Beide hatten um diese Zeit schon ein Volksgerichtsverfahren hinter sich.

Quelle: Friedrich Zacke, in: 1938 – Kartellbrüder erinnern sich, S. 203ff.


K.Ö.H.V. Alpinia Innsbruck im ÖCV

Im Herbst 1939 schloss die Alma Mater Leopoldina bedingt durch den Kriegsausbruch ihre Tore. Viele lnnsbrucker Studenten gingen daraufhin nach München. Eine Gruppe ehemaliger Gymnasiasten des Paulinums in Schwaz sammelte sich dort um den Medizinstudenten Fritz Pöll, der schon während seiner Mittelschulzeit das Farbstudententurn kennen gelernt hatte. Bald fand dieser Freundeskreis, der sich auch „Corona“ nannte, Kontakte zu Alten Herren der verbotenen CV-Verbindung Aenania. Als am 15. Jänner 1940 die Innsbrucker Universität ihren Betrieb wieder aufnahm, wechselten die „Coronisten“ wieder nach Innsbruck. Neue Studenten, darunter zwei Schlesier, stießen zu dem Freundeskreis. Bald entstand der Gedanke, eine der Innsbrucker CV-Verbindungen wieder zu beleben. In Kontakten mit Alten Herren dieser Verbindungen warnten diese wegen der allzu starken Gestapo-Überwachung, eine frühere ICV-Verbindung zu reaktivieren. So erwuchs der Gedanke, eine neue Verbindung auf dem Gedankengut und den Grundlagen des CV zu gründen.

Aus Gründen der Tarnung wurde im Rahmen des NS-Studentenbundes, dem ja jeder Student mehr oder minder freiwillig angehören musste, eine Kameradschaft gegründet. Diese Kameradschaften waren Gliederungen des NSDStB, die aufgrund freiwilliger Gruppenbildung eingeteilt wurden. Die Kameradschaft gab sich den „treffenden“ Namen „Schönerer“. Georg Ritter von Schönerer (1842–1921) war um die Jahrhundertwende einer der geistigen Wegbereiter des Nationalsozialismus und mit seiner „Los von Rom“-Bewegung ein klassischer „Katholikenfresser.“

Da allerdings auf Dauer die Aufnahme Außenstehender in die Kameradschaft nicht verwehrt werden konnte, wurde aus dem Freundeskreis heraus darangegangen, eine eigentliche, dem CV möglichst verwandte Verbindung zu bilden. Am 26.4.1940 wurden die Satzungen entworfen, in denen es im§ 4 heißt: „Kampfziel der Alpinia: Wiederherstellung der Lern- und Lehrfreiheit an der Hochschule. Nur wer für die Freiheit kämpft, hat Anspruch, einmal frei zu sein! ... “ Als Wahlspruch wählte man „Amico fides, patriae vita, deo omnia.“ Nach einem gemeinsamen Besuch der Messe und dem Empfang der Sakramente wurde am 1. Mai 1940 in der Wohnung des Univ. Prof. Ignaz Dengel die K.Ö.H.V. Alpinia formell von sechs Studenten gegründet. Gründungssenior war der Medizinstudent Siegfried Dengel v/o Bidi. Schon zwei Tage später wurden fünf Füchse rezipiert. Ein reger Aktivenbetrieb entwickelte sich. Immer wieder fanden Kneipen und andere Veranstaltungen statt, und bis zum Ende der Illegalität wurden insgesamt 26 Rezeptionen sowie 4 Bandverleihungen vorgenommen.

Als am Ende des SS 1943 der Alpine Max Doser v/o Tell bei einem Bergunfall tödlich verunglückte, legte die NS- Kameradschaft Schönerer, in der die illegalen Alpinen noch immer gemeldet waren, einen Kranz am Grabe des toten Bundesbruders nieder, an dem ein kurzes Stück Burschenband befestigt war. Nach der Niederlegung des Kranzes fiel dieses Stück Band, für alle Außenstehenden unsichtbar, in das offene Grab. Dabei stellte die Beschaffung von Bändern an sich schon einen verwegenen Akt dar. Die Gründer wählten in Erinnerung an die Münchner Zeit mit Aenania die Farben weiß-grün-gold als Burschenfarben. Daraufhin bestellte die Kameradschaft Schönerer des NSDStB offiziell mit Stempel und Unterschrift zur Ausschmückung eines Jägerstüberls des NS-Studentenbundes bei einer Firma in Erfurt entsprechende Bänder. Geliefert wurden aber weiß-goldgrüne Bänder. Eine Reklamation hätte wahrscheinlich eine Fülle von Rückfragen bedeutet, und so beschloss der BC einfach, die irrtümlichen Farben zu den Bundesfarben zu erklären und auch die Burschenstrophe entsprechend zu ändern.

Die zunehmenden Einberufungen zur Wehrmacht behinderten in den kommenden Semestern das Verbindungsleben erheblich. Trotzdem gelang es immer wieder, einen arbeitsfähigen Chargenconvent zusammenzustellen. Im November 1943 nahm Alpinia an der Tagung der katholischen Hochschulgemeinde in Graz teil, die unter der Leitung der Vorortsverbindung Carolina, die als letzter Vorort von 1937/38 diese Funktion noch innehatte, stand. Pfingsten 1944 fand die Tagung der katholischen Hochschulgemeinden in Innsbruck statt, und bei dieser Gelegenheit wurde Alpinia vom VOP Grinschgl gemäß § 6 Abs.4 CO, wie in dringenden Fällen vorgesehen, in den ÖCV aufgenommen. Dieser Beschluss wurde von der provisorischen CVV am 19. Mai 1945 in Innsbruck ratifiziert.

Gegen Ende des Krieges stellen sich die Alpinen in den Dienst der Widerstandsbewegung. Schon vorher hatten verschiedene Alpinen in den diversen Widerstandsgruppen mitgearbeitet, schließlich war ja der Beitritt zu einer verbotenen katholischen Verbindung bereits ein Zeichen des Widerstandes. Kontakte bestanden zur „Mittwochgruppe“, zum „Florakreis“ (benannt nach dem Raeto-Bayern Hermann Flora) und diversen anderen Gruppen. Auch zur Münchner Widerstandsgruppe der Geschwister Scholl bestand loser Kontakt. Wesentlichen Anteil hatten Alpinen an der Gruppe „Maier-Grünewald“, ihr gehörten neben Edmund Grünewald v/o Hirnschall die Cartellbrüder Hirsch, Hansjörg und Wolfram Bitterlich und Wilhelm Kundratz an. Als in der Zeit zwischen Herbst 1944 und März 1945 unter dem Symbol O5 die Sammlung der über ganz Österreich verstreuten Widerstandsgruppen unternommen wurde, waren es Alpinen, insbesondere die Aktionsgruppe Grünewald, die wichtige Koordinierungsarbeit leisteten.

Quelle: 1940–1965 KÖHV Alpinia Innsbruck, Innsbruck 1965 S. 13ff.


K.Ö.H.V. Amelungia Wien im ÖCV

Unser Bundesbruder Dr. Willfahrth v/o Teddy (der übrigens 1940 geheim das Burschenband e.v. Nibelungia bekommen sollte) beschreibt in den „Amelungenbriefen“ vom Mai 1984, wie er die letzten Tage Österreichs erlebte: „Bei der letzten Kneipe vor dem Umsturz, am 22. Feber 1938, wurde ich mit einem zweiten Spefuchsen rezipiert. Die politische Lage wurde immer angespannter und verwirrender. Der samstägliche Bummel der Farbstudenten in den Arkaden der Universität führte fast immer zu Reibereien mit den Schlagenden, bei nächtlichen Plakataktionen kam es häufig zu Zusammenstößen mit Nazigruppen. Wir bekamen Passierscheine, um unbehelligt von der Polizei in die Innere Stadt zu unserer Bude am Kohlmarkt zu kommen. Am 11. März nachmittags wurden wir als Ordnungshelfer einberufen und in einem leer stehenden Haus am Concordiaplatz kaserniert. Bald erreichten uns auf unseren Strohlagern die wildesten Gerüchte: Schuschnigg habe abgedankt, die deutschen Truppen marschieren in Österreich ein u.a., bis uns gegen Mitternacht die Polizei aushob und nach Hause schickte. Ich musste in den 4. Bezirk durch die Stadt gehen, dort war die Hölle los. Überall waren schon Hakenkreuzfahnen und „Heil Hitler“ schreiende Massen, bei der Oper stand die Polizei mit Hakenkreuzarmbinden in Bereitschaft. Auf meine Frage bestätigte mir ein Polizist die Gerüchte. Zutiefst betroffen ging ich nach Hause und hörte dort im Radio gerade noch die Abschiedsrede Schuschniggs, die mit den Worten endete „Gott schütze Österreich!“.

Amelungias Gründungssenior Lanske schrieb in sein Tagebuch: „Finis Austriae! Heute ist Schuschnigg zurückgetreten, das deutsche Heer steht einmarschbereit an den Grenzen. Österreich stirbt zum zweiten Mal.“ In derselben Nacht noch begann die SA ihre Herrschaft in aller Brutalität. Und wenn immer wieder von Jubel in diesen Tagen berichtet wird – wer hat die gezählt, die daheim weinten und in der Sorge vor dem Morgen lebten?

Am 12. März trafen sich Amelungen noch einmal auf der Bude am Kohlmarkt, um zu retten, was zu retten war, und andere Dinge zu vernichten. Dr. Glöckler v/o Sküss als Standesführer trug die wichtigsten Schriftsachen heim und verbrannte den Rest. Die Bundesbrüder cand.phil. Auer, cand.agr. Caldonazzi, stud. Eisemann, cand.ing. Hellebart, Dr. Kronhuber und stud. Lautsch, vielleicht auch noch andere, konnten Fahne, Wichsen und manch andere Dinge retten. Diese Gegenstände wurden zum Teil im Elternhaus von Hellebart und zum Teil in der Wohnung einer Couleurdame zwischengelagert: Frau Dr. Christl Fuchs, verehelichte Wolf, war die Tochter eines Dom-Angestellten, der mit den Dom- und Katakombenführern gut befreundet war und damit auch Kontakt zu Amelungia hatte. Im Sockel seines Wohnzimmertisches war das Zwischenlager. (Später kam dies alles in das Elternhaus von Bbr. Kronhuber in Limberg/Niederösterreich, wo es im „Mausboden“ bis zum Jahr 1945 verblieb.) Am 13. März besetzte die SA die Bude und zerstörte das Meiste von dem, was sie noch vorfand.

Schon in den ersten Tagen nach dem Einmarsch Hitlers wurden Fritz Eckert, DI Figl, DI Kloß und Dr. Perntner verhaftet und in das KZ Dachau eingeliefert. Andere Bundesbrüder, wie Prälat Fried und DDr. Jilek, wurden sofort in Gestapo- oder Polizeigewahrsam genommen. Der Leidensweg Österreichs und der Österreicher hatte begonnen.

Bewundernswert ist, wie Amelungen während der NS-Zeit zusammen gehalten haben. In der Wohnung von DI Willibald Mayr v/o Rüdiger trafen sich regelmäßig Amelungen zum „Kartenspiel“. Hiebei wurden Informationen ausgetauscht, und jeder „Spieler“ übernahm es nach einem festgelegten Plan, mit einem bestimmten Amelungen Kontakt zu halten.

Dkfm. Siegfried Kail v/o Till Eulenspiegel hat sicher hunderte von Briefen und Karten geschrieben, nicht nur an die Kriegsteilnehmer, und war dadurch wohl derjenige, der fast immer über Amelungen Auskunft geben konnte (was sich auch im „Grün-Gold-Rot“ der unmittelbaren Nachkriegszeit spiegelt). Dr. Josef Wagner v/o Immo war als Luftwaffenoffizier Kurier und hatte dadurch die Möglichkeit, viele eingerückte Bundesbrüder zu treffen. DI Alfred Hellebart v/o Gernot hatte als Offizier eine fixe Stelle in Berlin; dadurch war es vielen Amelungen möglich, ihn auf der Durchreise zu besuchen. DI Leo Müller v/o Baldur schließlich war mitverantwortlich für die Versorgung Wiens mit Lebensmitteln; er konnte so den Kontakt zu unseren Agrariern halten. Und die zahlreichen Heurigenbesuche ließ er sich auch nicht verbieten …

Quelle: 100 Jahre Amelungia im ÖCV, Wien 2007, Hermann Spitaler "Die Iden des März 1938“ S. 44ff.


K.Ö.M.V. Arminia Klosterneuburg im MKV

Mit Auflösung der NSDAP am 19.6.1933 in Österreich wurde selbstverständlich auch das Tragen aller NS-Abzeichen verboten. Bei den illegalen Nationalsozialisten verbreitete sich der Brauch, weiße Stutzen als Zeichen zu tragen. Um diesen Usus, der bald der gesamten Öffentlichkeit bekannt war, entgegenzuwirken, trugen zum Ärgernis der Betroffenen auch die Aktiven beim wöchentlichen Bummel weiße Stutzen und schwächten somit die Wirkung ab.

Auf den Straßen waren schon die Hakenkreuzfahnen zu sehen, und am Rathausplatz hatte man über die Plakette mit dem Dollfußportrait am Stiegenaufgang eine Hakenkreuzfahne gehängt. Darüber stand der Führer der illegalen Nationalsozialisten in Klosterneuburg, Heyna, und hielt eine Siegesrede. An dem anschließenden Fackelzug nahmen sogar einzelne Chorherren teil. Solche „Märzveilchen“ waren eine allgemeine Erscheinung. Man war plötzlich schon immer für den Anschluss gewesen, und Kirchgänger erklärten plötzlich ihren Austritt aus der Kirche. Alte Bekannte, die die Meinung gewechselt hatten, taten dies auch mit der Straßenseite, wenn man ihnen begegnete.

Da der Einmarsch letztlich überfallsartig kam, und Arminia durch einen Streit am Vorabend unorganisiert war, konnten nur wenige Unterlagen vor der Plünderung der Bude im Stiftskeller durch die Nationalsozialisten gerettet werden. Die Wichsen wurden von johlenden Buben durch die Straßen geschleift. Dennoch war es Czapek und Hradil gelungen, einiges zu retten. Schon am Tag nach dem Einmarsch war es klar, dass ein Kern Arminias den Betrieb weiterführen werde. Man musste feststellen, wer dazu bereit war. Dafür wurden briefmarkengroße Listen von Bundesbrüdern angefertigt, die einigen Aktivisten dazu dienten, die verzeichneten Bundesbrüder, um ihre Einstellung zu fragen. Auch manche Gegner des Nationalsozialismus wollten aber nicht mehr kommen. Arminia hatte zunächst das Gasthaus Schneider am Stadtplatz als Treffpunkt, dem bald das Strandbad und dann die Wohnung der Mutter unseres Bundesbruders Ziegler folgten. Bei den Veranstaltungen waren meist rund zehn Bundesbrüder versammelt, für die aber die Gemeinschaft, in der man offen sagen konnte, was man von den Nationalsozialisten und der Begeisterung weiter Teile der Bevölkerung dafür hielt, von großer Bedeutung war. Schon am 8. April 1938 musste Arminia eine „Bilanz“, eine Zusammenfassung des Kassabuches der als eigener Verein organisierten Arminenburse, abliefern. Mit Schreiben vom Juni 1938 musste der letzte Kartellvorsitzende Jaro Sterbik-Lamina auch Arminia deren Auflösung mitteilen. Am 14.9. wurden an die Klosterneuburger SS die Sparbücher des AH- Verbandes und des Budenfonds abgeliefert. Der Altherrenverband war schon damals vereinsrechtlich selbständig organisiert. Das übersahen die verantwortlichen NS-Funktionäre bei der Vereinsauflösung. Um Aufsehen zu vermeiden, gestanden sie daher zu, dass sich dieser selbständige Verein am 13. August im Prälatenstüberl des Stiftskellers plenis coloribus, wenn auch in aller Stille, selbst auflöste.

Die Wichsen waren nach dem Einmarsch bei der Plünderung der Bude in die Hände der HJ gefallen. Als sich im Herbst 1938 H. Crammer mit einigen Freunden entschloss, aus taktischen Gründen der HJ beizutreten, entdeckte er schon bei seinem ersten Dienst im HJ-Heim, dem ehemaligen Heim der Marianischen Kongregation, einen Gutteil der geraubten Couleurartikel. Er präparierte ein Dachbodenfenster so, dass man es von außen öffnen und somit zu den auf dem Dachboden gelagerten Wichsen gelangen konnte. Zusammen mit einem Freund machte sich Crammer bald auf den Weg. Einer stand Schmiere, und Crammer konnte zunächst, um nicht aufzufallen, nur wenig mitnehmen. Ein Schläger, der so der Verbindung erhalten blieb, ist bis heute im Besitz der Arminia.

Die Feier des Gründungsfestes am 19. Jänner 1939 erfolgte wieder in der Wohnung Zieglers. Mutter Ziegler hatte für Arminia ein Wappen gestickt. Nach dem Ausbruch des Krieges mussten viele Bundesbrüder einrücken, und die Veranstaltungen waren weniger besucht. Dennoch blieb der Verbindungsbetrieb, soweit überhaupt denkbar, aufrecht. Arminia feierte das 21. Stiftungsfest am 19.Jänner 1940 mit besonderer Freude. Es konnten fünf Fuchsen aufgenommen und zwei Burschungen durchgeführt werden. In der „Österreichischen Freiheitsbewegung“ waren mehrere Arminen führend tätig.

Quelle: „DerArmine“ – Zeitung der K.ö.St.V. Arminia, Nr. 86, 1984.


A.V. Austria Innsbruck im ÖCV

Am 9. März 1938 verkündet der Austrier Schuschnigg die für den 13. März 1938 geplante Volksabstimmung. Fieberhaft arbeiten die aktiven Austrias an der Vorbereitung dieser Abstimmung. Aus dem Büro der Hochschülerschaft, auch Austria-Büro genannt, gehen sieben Postautobusse mit fast 100 Studenten in das Umland von Innsbruck, um Propaganda zu machen. Am Nachmittag des 11. März kommen immer mehr Aktive auf das Austria-Haus und debattieren über die Aufstellung einer „Akademischen Legion“. Im Keller des Hauses lagern noch hunderte „Mander, s’ischt Zeit“ Plakate und Stimmzettel für die Abstimmung. Als im Radio die Rede des Kanzlers ausgestrahlt wird, ist jede Hoffnung dahin. Vier Freiwillige, darunter ein Wiener Babenberger, werden zum Schutz des Landesstatthalters Gerber abgestellt, die aber seine Verhaftung nicht verhindern können. In der Nacht werden möglichst viel Werbematerial und Gewehre vom Haus entfernt. Kurz vor Mitternacht stürmt ein zügelloser SA-Trupp von 20 bis 30 Mann das Haus. Als sie die Tür zum Speisezimmer aufrissen, ertönte eben im Radio das Horst-Wessel- Lied, was die Hereinstürmenden veranlasste, stillzustehen und schweigend die Hand zum „Deutschen Gruß“ zu erheben. Ein SA-Mann fuhr die Austrier, die in Hut und Mantel beim Tisch saßen, an, aufzustehen und die Hüte herunterzunehmen. Kaum war das Lied verklungen, wurden die Anwesenden verhört und angeheischt: „Sie haben sich alle als verhaftet zu betrachten, wer sich rührt, wird erschossen“. Kurz darauf erging der Befehl, das Haus zu verlassen und sich der Gestapo zur Verfügung zu halten. Auf dem Gang lagen die Couleurs am Boden, zertreten und beschmutzt. Am nächsten Tag wurde beschlossen, das Wichtigste aus dem Haus zu retten. Wie aber ins Haus kommen? Toni Winkler kam schließlich auf die Idee, ins Landhaus zu gehen, um auf irgendeine Weise den Einlass bewilligt zu bekommen. Der Plan stieß natürlich auf stärkste Bedenken, da mit Inhaftierung gerechnet werden musste. Aber Winkler hatte Glück und konnte im allgemeinen Chaos im Landhaus eine Bescheinigung mit dem Inhalt, „die Privatsachen aus dem Austrierhaus zu holen“, bekommen. Mit einem Handkarren zogen die Aktiven zum Haus. Die dort lagernden SA-Männer und NS-Studenten sind mehr als erstaunt, erlauben aber, dem Befehl einer übergeordneten Stelle folgend den Abtransport der Privatsachen. Die Einrichtung des Hauses hat schwer unter der Besetzung gelitten. Schränke sind aufgebrochen, Schreibtische auf den Boden entleert, die Zimmer der Aktiven geplündert. Trotzdem gelingt es, neben den Privatutensilien auch Verbindungsgut abzutransportieren, und es wird geradezu zum Sport, vor den Augen der SA-Leute Wertvolles aus dem Besitz Austrias zu retten. Die Genehmigung zum Abtransport wird widerrufen, und neuerlich gelingt es Toni Winkler, von einem SA-Führer im Leopoldenhaus eine Transportgenehmigung zu erlangen. Und wieder wird aus dem Haus fortgeschafft, was irgendwie zu retten ist, darunter Wichsen, Couleurs, das Museum der Verbindung, Bilder, die Seniorentafel, die Fahne und die Standarte.

Mitte April 1938 läuft der Universitätsbetrieb wieder an, und ein vorsichtiger Aktivenbetrieb wird aufgenommen. Am 19. Juni wird im geheimen das Stiftungsfest, bei dem auch eine Burschung stattfindet, gefeiert. Im Herbst 1939 wird die Innsbrucker Universität geschlossen, und die studierenden Austrier gehen nach München, Graz und Wien.

Erst im SS 1943 kommt es langsam wieder zum Aufleben des Verbindungsbetriebes. Am 16. Juni 1943 steigt eine Rezeptionskneipe, und am 24.6.1944 werden vier Burschungen durchgeführt. Das 80. Stiftungsfest wird im Juli 1944 gefeiert, und wieder können fünf Füchse rezipiert werden. Die Kneipen und Zusammenkünfte finden meist in der Wohnung oder im Haus eines Bundesbruders statt. Obwohl der Fronteinsatz der Chargen den Aktivbetrieb schwer behindert, verfügt Austria bis Kriegsende über eine durchgehende Aktivitas. Insgesamt werden im Zeitraum der Illegalität 14 Rezeptionen durchgeführt. Im April 1945 beteiligen sich die Aktiven am bewaffneten Befreiungskampf in Innsbruck.

Quelle: 100 Jahre AV Austria 1864–1964, Bergmeister Fritz „Zwischen Umbruch und Zusammenbruch – Austria vom März 38 bis Mai 45“, 5. 100ff.


K.Ö.St.V. Austria Wien im ÖCV

Auch ich war damals dabei, als uns die Nachricht erreichte: Kanzler Schuschnigg ist in Berchtesgaden. Die Nachricht erschreckte uns. […] In Wien begann fieberhafte Arbeit. Die Bundesbrüder zogen zu den Wehrverbänden, die Propaganda zu den bevorstehenden Wahlen begann. Der letzte Bummel auf der Universität endete in einer wüsten Prügelei, bei der die feindlichen Couleurs der nationalen Burschenschaften samt ihren Trägern die Rampen hinunterkollerten, die wir triumphierend besetzt hielten. Dies war vier Tage vor dem Umbruch. Die Nächte verbrachten wir auf der Bude. Die Nerven waren gespannt. Nie vergesse ich jene Nacht, in der wir in drei Kolonnen durch den VIII. Bezirk zogen und Wahlparolen mit Kalk auf die Straße schrieben. Damals überfiel uns plötzüch ein SA-Sturm und die Bewohner der Florianigasse erwachten vom Keuchen der Kämpfenden, vom Klatschen der Schläge. In ihrer Not griffen unsere Gegner zu Schusswaffen und zwangen uns das Feld zu räumen. Franz Finstermann, Heinz Geiger und August Redrenbacher mussten wir, durch Schüsse schwer verletzt, ins Krankenhaus bringen. Dann hörten wir den Rücktritt des Kanzlers im Radio. Für uns war es ein neues Signal. Mit beispielhafter Zähigkeit schleppten wir von der Bude weg, was immer uns dafür wert erschien. Längst zogen die Horden der SA durch die Lange Gasse, wir aber verluden noch immer unser Verbindungsgut. Dann nahm der braune Totentanz auch für uns seinen Anfang.

Quelle: Ernst Mazanek, der Senior 1937/38, in „Pro aris et focis“ 6/1948 (Zitiert nach der Festschrift 125 Jahre Austria in Wien, Wien 2001, S.103.)


K.Ö.St.V. Austro-Danubia Wien in MKV

Nach Überwindung der Enttäuschung und der Eindrücke im Zuge der Besetzung Österreichs mit dem Jubel der Illegalen fanden sich die Austro-Danuben langsam wieder zusammen. In Gesprächen auf der Straße, aber auch in den Cafes konnten wir unsere Gedanken wieder in eine Richtung bringen, wobei wir die Unmöglichkeit einer Änderung der Verhältnisse zur Kenntnis nehmen mussten. Helden waren wir keine und nahmen nun zur Kenntnis, dass wir vorerst in Ruhe gelassen wurden. Im Dezember war es so weit, dass wir in der Atelierwohnung eines Bundesbruders (AH Josef Handschur) in der Döblinger Hauptstraße eine improvisierte Weihnachtsfeier veranstalten konnten. Leider befand sich im Kreise der Austro-Danuben, so wie in der Bibel nach dem Abendmahl, ein Judas, der die Teilnehmer an dieser Weihnachtsfeier der Gestapo bekannt gab. Als Folge wurden wir alle zur Gestapo auf dem Morzinplatz vorgeladen. Die Vorladung erfolgte für den gleichen Termin, aber überraschend, so dass wir uns nicht absprechen konnten. Unabhängig voneinander haben wir alle von einem zufälligen Zusammentreffen gesprochen, wie sich nachher herausstellte. Meine Aussage konnte ich dadurch erhärten, dass ich, und das entsprach der Wahrheit, das Weihnachtsevangelium auswendig gesprochen habe. Dem Wohnungsinhaber gelang es aber nicht, seine „Unschuld“ entsprechend darzulegen. Es ist verständlich, dass unsere Kontakte zueinander wegen der Aufmerksamkeit der Gestapo, die auch in unserer Wohnung im 18. Bezirk eine Hausdurchsuchung vorgenommen hatte, loser wurden.

Ing. Josef Schmitt, in: 1938 – Kartellbrüder erinnern sich, S. 162.


K.Ö.St.V. Babenberg Graz im ÖCV

Babenberg war bei der Machtübernahme 1938 erst 18 Jahre alt. Am Abend des 11. März konnte noch wertvolles Verbindungsgut von der Bude im Admonter Hof weggebracht werden. Der Senior Hackl konnte noch wenige Stunden vor seiner Verhaftung die Annalen und das Personenbuch der Babenberger in Sicherheit bringen. Drei Alte Herren traten in den Umbruchtagen aus der Verbindung aus. Bis zum Jahresende 1938 fanden noch einige Burschungen statt. Mit Ausbruch des Krieges erlosch der Verbindungsbetrieb in Graz. In Wien schart der Medizinstudent Hans Schifko einen Kreis Babenberger um sich, die auch 1942, 1943 und 1944 im geheimen das Stiftungsfest feierten. Drei Babenberger, Gorbach, Stepan und Grabherr, kommen ins KZ, und weitere 19 Babenberger waren kürzer oder länger inhaftiert.


K.Ö.St.V. Babenberg Wr. Neustadt im MKV

Ein internes NS-Problem gab es bis Anfang 1938, soviel ich mich erinnere, in der relativ starken Aktivitas nicht.

Mit dem Zeitpunkt der Legalisierung der NSDAP und dem zunehmenden Einfluss in Politik und Wirtschaft erwies sich jedoch, dass ein hoher Prozentsatz, zumindest der Aktivitas, Sympathisanten, vereinzelt sogar illegale Mitglieder der NSDAP waren. In der Folge kam es, insbesondere in den letzten Wochen vor dem Anschluss zu zahlreichen Entlassungen und Ausschlüssen aus der Verbindung.

Schon am 13. oder 14. März, glaube ich, stellten wir „Rest-Aktivitas“ fest, dass die damals in einem Gebäude am Domplatz untergebrachte Verbindungsbude amtlich versiegelt und an der Türe ein Schriftstück befestigt war, dass der Verein, wie alle anderen Studentenverbindungen, aufgelöst und jede weitere Tätigkeit verboten sei! Im Bestreben, möglichst viele Wertgegenstände der Verbindung für die Zeit ihrer Wiederzulassung zu erhalten, beschlossen wir, das waren drei aktive Burschen, noch vor der Aufnahme eines Inventariums durch die Beschlagnehmer, die ideellen und materiellen Wertgegenstände an uns zu nehmen und aufzubewahren. Schon in der folgenden Nacht brachen wir die Versiegelung der Eingangstüre auf und brachten die vier Wichsen und Schläger, die BC- und CC-Protokolle, den Schriftverkehr, die Couleursammlung und anderes mehr in Sicherheit. Da in der Folgezeit niemand von uns zu diesem Tatbestand von den neuen Machthabern einvernommen wurde, nehme ich an, dass dieser Streich, der für uns böse hätte enden können, in den Wirren der damaligen Zeit unbemerkt blieb.

Nach meiner Rückkehr aus dem Kriegsdienst im August 1945 fand ich in meinem Elternhaus nur mehr die Protokollbücher vor. Die Couleursammlung war nicht mehr vorhanden. Nach Aussagen von Nachbarn wurden die beiden Mützen von Besatzungssoldaten und Ausländern, die vorübergehend das Haus benützten, getragen bzw. verschleppt.

Quelle: Dipl.-Ing. Heinz Hoffer, in: 1938, Kartellbrüder erinnern sich, S. 59ff.


K.a.V. Bajuvaria im ÖCV

Am 11. März 1938 […] erschien noch am Abend [der letzte Senior, phil. Hubert Bauer] bei Alten Herren Chaloupka, um Geld für ein Taxi zu holen. Darauf schleppten die genannten Bundesbrüder in Koffern die Fahnen, Wichsen und den Schriftverkehr in die nahe gelegenen Wohnungen Bachers und Webers in der Thongasse. Nach mehreren Transporten hatte das Unternehmen offenbar Verdacht erregt und einige SA-Leute verfolgten die Bundesbrüder, die jedoch durch einen Hausdurchgang entkommen konnten. Der Großteil des Schriftenmaterials wurde noch während der Nacht in der Thongasse verbrannt. Überraschender Weise schienen die Nationalsozialisten nicht sofort Hand an unsere Bude gelegt zu haben. Am 19. März 1938 begaben sich noch mehrere Bundesbrüder auf Umwegen und mit größter Vorsicht auf die Bude. In mehrstündiger Arbeit wurde das nach den ersten Bergungsarbeiten noch verbliebene Schriftenmaterial verbrannt, Schläger und Wichsen weggeschafft. Wenige Tage später hatten die Nationalsozialisten tatsächlich von der Bude Besitz ergriffen. Sie scheinen das Lokal aber nicht benützt zu haben, denn 1945 waren die Wandverkleidung, die Bemalung der Wand, der Luster und die Einrichtung noch vorhanden.

Quelle: Otto Krammer, Geschichte der katholisch akademischen Verbindung Bajuvaria 1920-1980, II. Band, S. 317f.


K.Ö.H.V. Carolina Graz im ÖCV

In Graz gab es schon lange vor dem 11. März 1938 heftige Zusammenstöße zwischen katholischen Farbstudenten und nationalsozialistischen Studenten, letztere waren vielfach auch Mitglieder in völkischen Bünden. Schlägereien während des Bummels waren an der Tagesordnung. Am Abend des 10. März wurden die Fahne Carolinas und die CV-Standarte in Sicherheit gebracht. Diese Standarte wurde 1903 von der Vorortsverbindung K.d.St.V. Saxonia Münster gestiftet. Die eine Seite des Fahnenblattes schmücken die Wappen des Deutschen Reiches, des Kaisertums Österreich und der Schweiz, was dem übernationalen Charakter des CV entsprach, die andere das CV-Buchstabenemblem. Im Jahre 1925 wurde eine neue Standarte geweiht und die alte dem CV-Archivar übergeben.

Norica Wien ersuchte 1933, wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem 50. Stiftungsfest, um diese Standarte. Auf verschlungenen Wegen (die Staatsgrenze am Inn wurde schwimmend überquert) gelangte die Standarte nach Wien, wo sie von ÖCV-Vorort zu ÖCV-Vorort weitergegeben wurde. Die Standarte wurde von AH Benno Budweis unter einem Kohlenhaufen außerhalb von Graz versteckt und konnte im Mai 1945 unversehrt wieder aufgefunden werden. Noch heute ist sie die Standarte des ÖCV.

Am Morgen des 13. März stürmten ca. 30 uniformierte SA-Männer, fast durchwegs Hörer der Universität, unter Wahrung aller Vorsichtsmaßregeln das Haus und wüsteten dort nach ihrer Art. Sämtliche Kruzifixe wurden von der Wand gerissen, alle Wände nach verborgenen Waffen abgeklopft, weil man von der Gründung eines Freicorps erfahren hatte und deshalb hier Waffen zu finden glaubte. Archive, Fläuse und Verbindungswappen werden im Arkadenhof des Hauses verbrannt. Die Totentafel des Ersten Weltkrieges wurde zerstört. Am 7. Juni 1938 beantragte die Gestapo Graz die Beschlagnahme des Hauses und stellte es unter kommissarische Verwaltung. Am 19. August 1938 wird über das Vermögen des Philisterverbandes der Carolina der Konkurs eröffnet und schließlich das Haus der Stadt der Volkserhebung in die Hände gespielt, die es mit Kaufvertrag vom 19. Februar 1939 um den Schleuderpreis von 56.550 Reichsmark erwirbt. Erst aufgrund des Rückstellungsgesetzes von 1947 kann Carolina die Wiederherausgabe des Hauses erreichen.

Mit dem Verlust des Hauses sowie dem Ausbruch des Krieges erlischt das aktive Verbindungsleben. Im Juni 1941 treffen der letzte Senior Stepanschitz, AH Kurz sowie mehrere Aktive zusammen und beschließen, den Verbindungsbetrieb wieder aufzunehmen. Am selben Tag erfolgen auch drei Rezeptionen. Carolina hat ab diesem Zeitpunkt bis zum Kriegsende jeweils einen ordnungsgemäßen Chargenconvent, wenn auch im WS 1944/45 wegen Schließung der Universität der Verbindungsbetrieb zum Erliegen kommt. Es begann ein regelrechter Verbindungsbetrieb, der im Verborgenen, zum Teil in Kellerräumen, abgehalten wurde. Neben rein studentischen Veranstaltungen gab es historische, religiöse und politische Bildungsveranstaltungen sowie den Auftrag zur Einflussnahme auf die studentische Jugend durch Gründung einer Hilfsorganisation. Durch den Aufbau von Hochschulgruppen zu je fünf Mitglieder wurden zeitweise bis zu 150 Personen beiderlei Geschlechts erfaßt, von denen aber vorerst niemand über die Existenz der anderen Gruppen Bescheid wußte, von den CVern abgesehen, die die Leitung übernommen hatten. Im Jahre 1943 waren schon 20 Burschen und Füchse aktiv, so dass sich die Notwendigkeit ergab, die CV-Verbindung Traungau, 1908 als Tochterverbindung Carolinas gegründet, zu reaktivieren, da durch die zahlenmäßige Stärke der Carolinenveranstaltungen die Gefahr der Entdeckung durch die Gestapo zu groß geworden war. In diesen Zeitraum fallen auch zwölf Rezeptionen. Zahlreich waren freilich auch die Verluste und Verfolgungen in der Altherrenschaft. Drei Carolinen wurden zum Tode verurteilt, von denen zwei wegen des Kriegsendes aber überlebten. Fünf Carolinen kamen ins KZ, und viele waren in Polizei- oder Gerichtshaft.

Carolina war auf der CVV 1937 die Führung des ÖCV als Vorort übertragen worden. Der letzte VOP Alfred Hueber fiel im Juni 1941 an der Eismeerfront, und die Vorortsgeschäfte wurden interimsmäßig vom jeweiligen Senior der Carolina weitergeführt. Nach dem Fall Stalingrads sägten 1943 die Carolinen Stepanschitz, Liegl und Grinschgl die Grazer Hitler-Eiche um. Dr. Grinschgl berichtet darüber: „In einer Aprilnacht 1943 beschlossen wir, die am Grazer Opernring gepflanzte sechs Meter hohe Hitler-Eiche abzusägen. Alle drei waren wir in Uniform der Wehrmacht. Während ich sägte, hielten die anderen beiden Wache. Das Unternehmen, das uns bei Entdeckung den Kopf gekostet hätte, gelang voll, und unser Ziel wurde erreicht. Die ganze Stadt wusste schon in den frühen Morgenstunden von dem Ereignis, Menschen flüsterten sich die Nachricht zu und sprachen vom Fallen eines Symbols, davon dass eben Bäume nicht in den Himmel wachsen dürften und es nun nicht mehr lange dauern werde, bis dieser Krieg zu Ende gehen werde. Mit dieser Tat wollten wir ganz bewusst als CVer ein sichtbares Zeichen setzen.“

Im Herbst 1943 kommt es zur illegalen Reaktivierung des Vorortes, Grinschgl wird VOP. Im November 1943 initiiert der Caroline Fritz Mankowsky zusammen mit dem Vorort eine katholische Hochschulwoche, an der neben dem Grazer CV auch Vertreter aus Wien (NbW) und Innsbruck (AIn, AlIn) teilnehmen. Obwohl die Veranstaltung ganz unter Führung von CVern stand, nahmen daran auch nichtkorporierte Studenten und Studentinnen teil. Pfingsten 1944 erfolgte die Gegeneinladung des Innsbrucker CV unter der Leitung Alpinias. Daran nahmen sechs Grazer CVer teil. Unter dem VOP Grinschgl wird auch die 1940 gegründete KÖHV Alpinia Innsbruck provisorisch in den ÖCV aufgenommen. Neben der offiziellen Fortführung des Vorortes durch Carolina gab es durch den Urphilister Carolinas Leopold Voller eine Art Exilführung des ÖCV von Liechtenstein aus, der ein Mitteilungsblatt „Der Weg empor“ herausbrachte, das allerdings nur in Vorarlberg Verbreitung fand. Zwischen dem in Graz wirkenden Vorort und Voller gab es aber keine Kontakte.

Im WS 1944/45 werden die Universität und die Technische Hochschule Graz geschlossen. Auch die Wiener Hochschulen werden geschlossen, und nur in Innsbruck finden Vorlesungen statt. Zu dieser Zeit gab es für fortgeschrittene Medizinstudenten im Rahmen der Wehrmacht „Studentenkompanien“, die es ermöglichten, am Vorlesungsbetrieb teilzunehmen. Nach Schließung der Hochschulen mussten die meisten Angehörigen dieser Studentenkompanien an die Front. Einige wurden nach Innsbruck und Saalfelden versetzt, darunter auch die Carolinen Grinschgl und Franz Bernhard. Sie meldeten sich bei Alpinia aktiv und wirkten später auch an der bewaffneten Befreiung Innsbrucks mit. Während der ganzen Verbotszeit hält der „pater Carolinae“ Dr. Max Kurz v/o Dr. Mephisto brieflich Kontakt zu Dutzenden Bundes- und Cartellbrüdern. Ihm ist das Überleben und Wiedererstehen des CV in der Steiermark zu verdanken.

Schon am 19. Mai 1945 findet im Leopolden-Haus in Innsbruck die erste CVV nach dem Krieg statt. Die wiedererlangte Legalität dauert für die Grazer CV-Verbindungen aber nur kurz, denn am 21. Dezember 1945 verbietet die Britische Besatzungsmacht jede Art der Tätigkeit, und erst nach zehn Monaten kann dieses Verbot, unter anderem durch Intervention der Bundesregierung, beseitigt werden. Carolina übergibt daher am 2.2.1946 die Vorortsgeschäfte an Norica (VOP Wollinger).

Quelle: Gabrief Paller, Geschichte der katholischen Studentenverbindung Carolina Graz in den Jahren 1928-1948, Graz 1948.


K.Ö.M.V. Carolina St. Pölten im MKV

Bereits auf einem BC am 6. März 1938 stellte der Senior Georg Schachenhafer v/o Heimo an alle Aktiven die Entscheidungsfrage, ob sie noch auf dem Boden der katholischen Weltanschauung der Verbindung stehen oder ob sie sich für den Nationalsozialismus entschieden hätten. Neun der 25 Aktiven wurden daraufhin aus der Verbindung dimittiert. Einige Verbindungsutensilien können noch verborgen werden, als am 14. März 1938 von der neuen Heimleitung (Carolina hatte ihren Sitz an der St. Pöltner Lehrerbildungsanstalt) die Anordnung kam, die Studentenverbindung aufzulösen und ihr Vermögen dem Liquidator zu übergeben. Die Alten Herren waren als Lehrer von der nationalsozialistischen Machtübernahme schwer getroffen: Maßregelungen, Versetzungen, Dienstenthebung und Berufswechsel waren an der Tagesordnung, und außer einigen persönlichen Kontakten gab es aus diesen Gründen keine weitere Aktionen der Verbindung in den nächsten sieben Jahren.

Quelle: Auszug aus der Verbindungschronik, mitgeteilt von OSR Hugo Nikei.


K.M.V. Clunia Feldkirch – mit dem MKV assoziiert

BC vom 12. April 1932: Hefel stellt den Antrag: Es ist für einen Clunier unmöglich, entweder direkt oder ideell einer Partei anzugehören, die nicht katholische Grundsätze vertritt, sonst exclusio.

BC vom 1O.Mai 1933: Auf Antrag des Philx Dr. Bachmann wird beschlossen, dass sich ein Verbindungsmitglied weder innerhalb noch außerhalb der Verbindung politisch betätigen darf.

BC vom 21. Mai 1933: Auf Antrag des EM Gunz wird beschlossen: Die Mitgliedschaft zum Nationalsozialismus und auch die Sympathie mit dieser Bewegung schließt das Weiterverbleiben in der Verbindung aus. Wegen Sympathie zum Nationalsozialismus werden drei Burschen i.p. dimittiert, und ein Fuchs wird als unbauchbar entlassen. BC vom 13. Juni 1933: Wegen Sympathie zum Nationalsozialismus werden sieben Burschen i.p. dimittiert und drei Füchse als unbrauchbar entlassen.

In einem Brief vom 18.Jänner 1987 berichtet der AH Pranz Nenning v/o Halef an den Archivar Clunias folgendes:

„Ab Beginn des Sommersemesters 1938, somit in den Umsturztagen, war der heutige Rechtsanwalt Dr. Ludwig Gassner in Bludenz Senior der Clunia. Clunier, die jünger als 18 Jahre waren, waren beim Österreichischen Jungvolk, die älteren bei der Heimwehr. Zu den letzteren gehörten AH Hermann Ruggl v/o Pollux und meine Wenigkeit. Wir wurden schon einen Tag vor dem Umsturz zu dieser Formation einberufen. Wir wurden mit Waffen und scharfer Munition versorgt und wie im Krieg gegen die anrückenden NS-Formationen in Stellunggebracht, da der damalige Heimatwehrkommandant, Hauptschuldirektor und Offizier des Ersten Weltkrieges Max Baldessari, nicht gewillt war, so ohne weiteres das Feld zu räumen und den Widerstand aufzugeben. Erst spät in der Nacht kam dann für den Kommandanten der Befehl sich zu ergeben. Wir wurden hinter der Stella Matutina entwaffnet, und Bundesbruder Pollux wurde bei dieser Gelegenheit erstmals verwundet, weil sich irgendwie ein Schuss löst, von der Hauswand abgeprallt ist und dann den unschuldigen Pollux am Oberschenkelgetroffen hat. Auf Schleichwegen mussten wir dann den Heimweg antreten und uns in Sicherheit bringen, um unliebsamen Handeln aus dem Weg zu gehen. Am anderen Tag war dann doch der erste Gang auf die Verbindungsbude, ich stellte aber fest, dass da schon ganze Arbeit geleistet wurde,· sie war schon geräumt. Die Clunier-Utensilien hatte Bbr. Herbert Furtenbach in Sicherheit gebracht. Er ist leider im Krieg gefallen und hat die Sachen wahrscheinlich später nochmals an einen anderen Ort gebracht und diesen Ort kennt leider niemand. Den Clunier- Betrieb haben wir im Interesse der Clunia als auch im persönlichen Interesse eingestellt, die Unentwegten sind aber immer zusammengekommen.“

Die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch meldete an den Stillhaltekommissar für Organisationen und Verbände: Von der Gendarmerie wurden vom Vereinslokal 180 Bücher, 2 Schilling und 44 Groschen, 55 Wappenschilder, ein Fahnentuch, fünf Degen mit Scheiden, drei Helme und zwei Schärpen sowie eine Mitgliederkartothek sichergestellt. Beim Kassier des Vereines Alteherrenbund der Clunia wurde ein Postsparkassaguthaben von 25 Schilling und 66 Groschen gefunden.

Quelle: Consenioratsbuch Cluniae 1919-1951, Briif von Franz Nenning an Ulrich Nachbaur vom 18.1.1987 und Nachbaur, Ulrich: K M V Clunia Feldkirch 1908 bis 1938 - Von der Vorgeschichte bis zur Auflösung durch das NS-Regime.


K.Ö.St.V. Comagena Tulln im MKV

Trotz der Auflösung unserer Comagena und des Verbotes jeder Verbindungstätigkeit flackerte im Zweiten Weltkrieg die Idee der Comagena mehrfach auf: So zog im Frühjahr 1941 der damalige Maturajahrgang nach der Reifeprüfung öffentlich in Farben auf, und so schlugen alle Gründungsburschen, die sich gerade auf Fronturlaub befanden, in einem Weinkeller in Zellerndorf eine illegale Kneipe in vollen Farben.

Quelle: Festschrift zum 50. Stiftungsfest der Comagena, Tulln 1983, Dr. Richard Hübl, S 20f.


K.a.V. Danubia Wien im ÖCV

Für Mittwoch, den 9. März 1938, war ein BC mit wichtiger Tagesordnung einberufen worden.

Bundesbruder Otto Hinterherger schilderte kurz den Ernst der Lage, zeigte die drohende Gefahr auf und forderte von jedem höchste Einsatzbereitschaft; alle CVer seien verpflichtet, besonders auf der Wacht zu sein, weshalb sie sich am Freitag, dem 11. März, um 18 Uhr zum Bereitschaftsdienst beim Sturmkorps in der Kaserne der Österreichischen Sturmscharen einzufinden haben. Jeder einzelne wurde namentlich aufgerufen und hatte seine Erklärung abzugeben. Einige suchten sich davon zu drücken.

Der BC verlief immer stürmischer, Franz Haas wurde aus der Verbindung ausgeschlossen und allen jenen, die ohne triftigen Grund die Teilnahme an der Bereitschaft ablehnten, der automatische Ausschluss angekündigt. Anschließend an den BC wurde gemeinsam die Rede Bundeskanzlers Schuschnigg, in der er die Volksabstimmung für den 13. März ankündigte, gehört und am Ende die Bundeshymne mit erhobenen Schwurfingern gesungen.

Am nächsten Tag war es auf der Kärntner- und der Rotenturmstraße sowie auf dem Opernring zu heftigen Zusammenstößen zwischen den Nationalsozialisten und den vaterländischen Verbänden, darunter vielen CVern, gekommen. Auch schwere Verletzungen wurden davongetragen. Hinterhergers Ausweis wies die Spuren eines versuchten Messerstiches auf.

Hinterherger und Zamastil sichteten das gesamte Schriftmaterial auf der Bude und verbrannten den größten Teil davon. Der Rest, die Fahnen und die Wichsen, der Radioapparat und leicht zu befördernde Gegenstände wurden weggeschafft. Nach einigen Tagen nistete sich ein SA-Sturm dort ein, die Möbel wurden verschleppt.

Auch in der ersten Zeit nach der nationalsozialistischen Machtübernahme kam noch eine große Anzahl von Danuben jede Woche einmal zusammen. Die vorsichtigen bröckelten aber bald ab und es blieb nur ein Stock von Unentwegten, die sich während der folgenden Jahre hindurch alle 14 Tage, jedes Mal in einem anderen Gasthaus, trafen.

Durch die später zunehmenden Einberufungen wurde die Runde ziemlich klein. Aber immer wieder stellten sich Fronturlauber bei diesen gemeinsammen Treffen ein. Aufgrund der unvorsichtigen schriftlichen Erkundigungen eines Bundesbruders, der für seinen Urlaub Näheres über diese Runden wissen wollte, bekam die Gestapo Kenntnis von den Zusammenkünften und AH Heinrich Hecht v/o Laurin, dessen Name in dem Brief genannt war, wurde inhaftiert, zahlreichen Verhören unterzogen und erst nach zehn Tagen entlassen.

Quelle: 40 Jahre K.a.V. Danubia, 1947 S. 78ff.


K.Ö.H.V. Franco-Bavaria im ÖCV

Am Nachmittag des 11. März trafen sich zahlreiche aktive Bundesbrüder unter ihnen der Altsenior Karl Perrelli im Haus des Sturmcorps der Vaterländischen Front am Concordia-Platz, um hier als militärische Formation gemeinsam mit anderen CVern zusammengefasst und bewaffnet zu werden, welche die Freiheit Österreichs verteidigen sollten. Nach der Abschiedsrede von Bundeskanzler Schuschnigg begann der nationalsozialistische Mob in den Abendstunden das Gebäude einzuschließen und die Bundes- und Cartellbrüder waren gezwungen, sich unter Lebensgefahr in der Nacht abzusetzen.

Bereits am 12. März 1938, an dem ursprünglich eine Kneipe stattfinden hätte sollen, wurde unsere Bude von Mitgliedern der SA gestürmt. Am Abend des folgenden Tages wagte sich Bundesbruder Anton Pillgrab in den Schwarzspanierhof. Die Nationalsozialisten hatten die Türe aufgebrochen und das Budeninventar verwüstet. Doch er fand die Verbindungsfahne unversehrt und konnte diese um seinen Leib gewickelt unter dem Mantel in sein Untermietzimmer in der Blindengasse in Sicherheit bringen. Im Laufe der Nacht konnte Anton Pillgrab das Verbindungskruzifix mit dem Spruch „Gott im Geheimen zugegen, im Verborgenen richtend“, welches von Bbr. Otto Haball angefertigt worden war, einige Bücher und einen Flaus von der verwüsteten Bude retten. In den darauffolgenden Tagen brachte er alle Gegenstände auf den elterlichen Bauernhof in seiner niederösterreichischen Heimatgemeinde Seitenstetten. Die Fahne wurde von seinem Stiefvater Johann Mayerhofer unter dem Hängestein der Mostpresse eingemauert, wo sie bis 1948, dem Jahr der Rückkehr Bbr. Pillgrabs aus der russischen Kriegsgefangenschaft, verblieb. Anton Pillgrab erhielt für seinen Mut in dieser schweren Zeit das Band „Franco-Bavarias Dank“.

Franco-Bavaria wurde von den NS-Behörden amtlich verboten und als Verein sowie auch der Altherrenverband unserer Verbindung aufgelöst. Der letzte Philisterkassier Rudolf Mayer lud einige Alte Herren in den Schottenkeller ein, wo ein Großteil der Altherrenkasse ausgegeben wurde, um sie nicht in die Hände der Nationalsozialisten fallen zu lassen. Das verbliebene Vermögen wurde eingezogen und wir verloren unser Verbindungsheim in der Schwarzspanierstraße. Durch den Verlust der Bude ging nicht nur die Budeneinrichtung, sondern auch zahlreiche historische Erinnerungsstücke, die sich seit der Gründung unserer Korporation angesammelt hatten, und der Großteil des schriftlichen Archivmaterials verloren.

Für die Franco-Bayern begann eine schwierige Zeit. Die Bundesbrüder, welche im öffentlichen Dienst tätig waren, wurden größtenteils außer Dienst gestellt und alle mußten Nachteile wegen ihrer Mitgliedschaft bei einer katholischen Korporation hinnehmen.

Bereits in den ersten Tagen nach dem Anschluss wurden zahlreiche Bundesbrüder wegen ihrer Gesinnung oder wegen ihrer politischen Tätigkeit verhaftet: DDr. Otto Kemptner, Dr. Anton List, unser Bandphilister Dr. Heinrich Gleißner oder unsere Ehrenmitglieder Josef Reither und Edmund Weber.

Ihnen folgten im Laufe des Krieges die Bundesbrüder Alois Döttling, Dkfm. Alexander Karri, Dr. Friedrich Meznik, Dr. Josef Pultar (Ur Nc) und Pater Jakob Zeggl. Auch mehrere Mitglieder unserer Tochterverbindung Pflug wurden inhaftiert: Dr. Karl Simon, Ernst Gubitzer, Dr. Franz Krusche oder Dipl. Ing. Leopold Walzer.

Oberbaurat Dipl. Ing. Alfred Unger, versammelte im Mai 1938 eine kleine Gruppe von Alten Herren, um unsere Franco-Bavaria in der Illegalität weiter aufrechtzuerhalten. Sieben Alte Herren, neben Unger die Bundesbrüder Dr. Friedrich Meznik, Dr. Karl Seiter, Dr. Karl Rüppel, Dkfm. Alexander Karri, Dkfm. Eduard Meznik und Bank Vorst. Rudolf Mayer hatten das Ziel, eine Widerstandsbewegung gegen den Nationalsozialismus aufzubauen. Die Zusammenkünfte fanden als Tarockpartien entweder in der Wohnung von Bbr. Unger oder in der von Friedrich Meznik statt. Am 4. Dezember 1938 versammelte sich eine Gruppe von sechzehn Mitgliedern der Verbindung in Nußdorf, um anschließend illegal bei einem verläßlichen Heurigen in der Greinergasse unseren 30. Gründungstag zu feiern. In der Folgezeit wurde Unger inoffiziell zum Philistersenior gewählt, ein Amt das er bereits zu Beginn der 20er Jahre innegehabt hatte, und die sieben Alten Herren begannen die einzelnen Mitglieder unserer Verbindung auf ihre Verlässlichkeit, Unerschrockenheit und ihre Sicherheit im Falle einer Verhaftung zu überprüfen. Für jeden Wiener Bezirk wurde von den Sieben ein zuständiger Alter Herr bestimmt. Der letzte aktive Senior Eckhart Stuchlik wurde von Unger informiert, sollte allerdings keine Informationen an die anderen Aktiven weitergeben. Die Gestapo erfuhr allerdings von den geheimen Aktivitäten unserer Bundesbrüder und nahm am 9. November 1939 Bbr. Unger, Bbr. Friedrich Meznik und vier weitere Franco-Bayern fest. Wie im Gestapobericht festgehalten ist, vermutete sie in dem illegalen Treffen „eine Versammlung von Legitimisten und Reaktionären.“ Während die anderen Bundesbrüder wegen mangelnder Beweise wieder auf freien Fuß gesetzt werden mußten, verblieb Alfred Unger bis zum Kriegsende im Konzentrationslager Dachau. Die NS-Behörden konnten ihm, weil alle verhafteten Bundesbrüder schwiegen, nichts nachweisen. Seine Gattin wurde gleichfalls zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt.

Besonderen Mut bewiesen in dieser schweren Zeit Bbr. Alois Döttling, der aktiv in der Widerstandsgruppe Theiss tätig war. Der Pflüger Dr. Rudolf Fischer stand dem Regime gleichfalls als Sohn des christlich-sozialen Bürgermeisters von Horn oppositionell gegenüber. Die letzten Tage vor der Befreiung Österreichs durch die Alliierten verbrachte er unter falschen Namen, da er von den Schergen des Dritten Reiches verfolgt wurde und gezwungen war, unterzutauchen. Bbr. Friedrich Meznik desertierte im August 1944 in Frankreich aus der Wehrmacht und wurde Mitglied der französischen Resistance. Nach der Befreiung Frankreichs war er im US-Hauptquartier in Paris für die Rundfunksendungen für Österreich verantwortlich. Für diese Tätigkeiten wurde er zum Obersten der französischen Armee und zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Erich Pakesch, der seinen Studienort nach Graz verlegt hatte und bei Carolina aktiv wurde, engagierte sich im illegalen Vorort Carolina bis zum Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft für die Prinzipien des Cartellverbandes.

Als Opfer des Zweiten Weltkrieges beklagte Franco-Bavaria 21 und unsere Tochterverbindung Pflug 11 Bundesbrüder. Unter ihnen befanden sich der letzte Senior des Sommersemesters 1938 Eckhart Stuchlik. Unser Gründungsfuchs DDr. Otto Kemptner wurde aufgrund seiner Funktion als Führungsmitglied der Vaterländischen Front von den Nationalsozialisten ins Konzentrationslager deportiert. DDr. Otto Kemptner war zuletzt in Salzburg als Präsident der dortigen Finanzlandesdirektion und als Philistersenior der 1932 gegründeten Rheno-Juvavia tätig. Nach seiner Entlassung aus dem KZ Dachau trat er in den Orden der Augustiner Chorherren in St. Florian ein, wo er an den schweren gesundheitlichen Schäden der KZ-Haft am 3. Mai 1944 verstarb.

Unser Ehrenmitglied Hofrat Edmund Weber blieb vier Jahre in den KZs Dachau und Sachsenhausen in Haft. Nach dem Krieg wurde er mit der Leitung des Pressereferates der ÖVP betraut. Durch die lange KZ-Haft gesundheitlich geschwächt, verstarb er bereits im Alter von 48 Jahren am 20. Mai 1949.

Bbr. Georg Halzl, der in Ebenthal als Pfarrer tätig war, wurde von den Russen „nach der Befreiung“, als er sich schützend vor Frauen stellen wollte, erschossen.

Quelle: Karl Wolfgang Schrammel (1998): Geschichte der K.Ö.H.V. Franco-Bavaria (Wien)


K.Ö.St.V. Frankonia Wien im MKV

Am 12. März 1938 kamen alle aktiven Burschen und einige Alte Herren auf der Bude zusammen. Die Anwesenden beschlossen die formelle Auflösung der Verbindung und verfassten sofort eine entsprechene Mitteilung an die Vereinsbehörde. Sämtliches Verbindungseigentum, das sich fortschaffen ließ, wurde von den Bundesbrüdern geborgen. Alle schriftlichen Unterlagen wurden vernichtet. Was nicht verbrannt werden konnte, wurde in die Donau geworfen. Dann ging Frankonia in den Untergrund.

Quelle: Krammer 0., Die K.Ö.St.V. Frankonia 1919-79, S. 85ff.


K.Ö.St.V. Gothia Wien im MKV

Am 12. März abends, kurz vor dem Einmarsch der deutschen Truppen, nimmt Ferdinand Baidia v/o Schnauzerl ein Taxi und fährt mit seinem Leibfuchs Franz Vanicek v/o Ortnit auf die Bude; zu diesem Zeitpunkt das Restaurant Schmalzbauer im vierten Bezirk. Die Rettungsaktion verläuft erfolgreich: Wichtige Verbindungsunterlagen werden in Baldias Wohnung versteckt.

Wie alle anderen katholischen Verbindungen auch wird Gothia 1938 durch die neuen Machthaber behördlich verboten und aufgelöst. Dennoch lebt die Korporation auf kleiner Flamme weiter. So trifft man sich im Juni 1938 zu einer als Maturafeier getarnten Verbindungsveranstaltung bei einem Heurigen in Neustift und im Juli 1938 in Baldias Wohnung zu einer Trauerkneipe für den kurz vorher verstorbenen Franz Vanicek v/o Ortnit. Am 23. März 1944 gibt es eine Zusammenkunft von Gothen und Normannen und im April 1944 feiern sechs Gothen in Baldias Wohnung das 35. Stiftungsfest mit einem Landesvater. Einige Gothen haben darüber hinaus auch privaten und schriftlichen Kontakt; etwa in Form von Feldpost oder während Militärurlauben in Wien.

Quelle: www.gothiawien.at


K.Ö.St.V. Kreuzenstein Wien im MKV

Am 25.6.1933 tagte ein Altherrenconvent. Ein Auszug aus dem Protokoll:

„Es wird zunächst allgemein über den Nationalsozialismus gesprochen, nach eingehender Behandlung der Probleme von AH Dr. Kallus folgender Antrag gestellt: Das verbrecherische und staatsfeindliche Verhalten der NSDAP in Österreich, sowie die zahllosen Beispiele von Katholikenverfolgungen im Deutschen Reich hat mit größter Deutlichkeit dargetan, dass nicht nur die Zugehörigkeit, sondern auch schon hegen von Sympathie für diese Geistesrichtung mit den Grundsätzen einer katholisch-deutschen Studentenverbindung in Österreich ganz und gar nicht vereinbar ist. Sollte sich diese Partei in Hinkunft auch Zügel anlegen und weniger gefährlich gebärden, sodass mit einer Aufhebung des staatlichen Verbotes vorgegangen werden könnte, bleibt dennoch ihre ganze Denkweise eine ungeheure Gefahr für jeden echten Kreuzensteiner und damit auch für die Verbindung. Daher ist es von nun an jedem Alten Herren und Aktiven, bei Strafe des Ausschlusses, verboten, irgendwie mit dem Nationalsozialismus zu liebäugeln oder ihn bzw. etwaige Ersatzkörperschaften in irgendeiner Weise zu unterstützen oder zu fördern.

Wer glaubt sich an diesen Beschluss nicht halten zu können, kann bis 1.7. 1933 um seine freundschaftliche Entlassung einkommen. Später ist nur mehr „dimissio in perpetuum“ möglich. Dieser Beschluss hat auch nach einer eventuellen Aufhebung des Regierungsverbotes betreffend den Nationalsozialismus in Österreich so lange Geltung, bis er nicht mit 4/5 Mehrheit aufgehoben oder abgeändert wird. Zu dem BC, auf dessen TO dieser Punkt steht, sind sämtliche geburschten Mitglieder Kreuzensteins zeitgerecht, unter Bekanntgabe der TO, zu laden.

Die am Orte ansässigen Mitglieder haben dem Senior bzw. Philistersenior die strikte Einhaltung dieser Beschlüsse mit Handschlag zu geloben. Von den auswärtigen wird eine schriftliche Erklärung verlangt. Bruch dieses Gelöbnisses wird ehrengerichtlich verfolgt.“

Nach diesem Beschluss verließen zwei Mitglieder die Verbindung. […] Am AHC am 24.10.1934 wurde AH Ernstjäger wegen möglicher NS-Umtriebe in Verbindung mit einer Ehrenangelegenheit dimittiert.

Quelle: Christian Lang, Die K.Ö.St.V. Kreuzenstein – Eine MKV-Verbindung im Spiegel der Zeitgeschichte, Wien 1991, S. 24.


K.Ö.St.V. Kürnberg im ÖCV

Während wir noch um das Schicksal unserer Bundesbrüder bangten, die im Sturmkorps Dienst leisteten und die glücklicherweise noch in letzter Stunde entlassen worden waren, trafen sich einige Bundesbrüder auf der Bude, um letzte Entscheidungen zu treffen. Inzwischen war bekannt geworden, dass die SA bereits mehrere Buden von CV-Verbindungen besetzt hatte. Es kam uns zugute, dass das CC-Zimmer und der von den AHAH Förster und Schick bewohnte Raum von den Aufenthaltsräumen getrennt zugänglich waren. In aller Eile wurden die wichtigsten Verbindungsgüter in diese beiden Räume, die durch eine Visitenkarte als Privatwohnung getarnt worden waren, geschafft und andere für das Rote Kreuz verwertbare Gegenstände diesem übergeben. Schon hatte gegen 20 Uhr ein Vortrupp einer SA-Abteilung von der Bude Besitz ergriffen, als der damalige Senior Haas mit der Prunkfahne und ein weiterer Bundesbruder mit Wichsen im Koffer diese Privatwohnung verließen. Um den hasserfüllten Gegnern keine Aufzeichnungen in die Hand fallen zu lassen, die für manche Bundesbrüder nachteilige Folgen hätten nach sich ziehen können, mussten aus der damaligen Situation heraus leider heute schwer entbehrte Dokumente vernichtet werden. Das Unwahrscheinliche trat dann allerdings ein, dass die auf der Bude einquartierte SA in Unkenntnis dessen blieb, dass die „Privatwohnung“ ein Teil der Verbindungsräume war. Es mag rückschauend tragikomisch erscheinen, dass eben diese SA-Leute gegen ein gutes Zigarettentrinkgeld Ende April 1938 dem Privatmann (AH) Schlick beim Auszug aus der Bude dabei behilflich waren, auf einen Einspänner sein Mobiliar zu verfrachten, das in Wirklichkeit vorwiegend Verbindungsgut war und unter anderem Wichsen, Schläger und Reisefahnen enthielt.

Sofort bei der Machtübernahme wurde der Kürnberger und Polizeikommissär in Linz Dr. Bernegger erschlagen. Mehrere Kürnberger wurden in Schutzhaft genommen und kamen ins KZ. Freilich glaubten auch einige wenige Kürnberger, sich durch Austrittserklärungen in diesen Tagen noch ein Alibi für die neue Zeit sichern zu können.

Im Herbst 1938 fand in der Wohnung des Philisterseniors noch die letzte Burschung statt, und vier Bundesbrüder wurden noch 1940 und 1941 rezipiert. Wiederholt fanden während des Krieges Zusammenkünfte von Kürnbergern in wechselnden Cafe- und Gasthäusern statt.

Quelle: 60 Jahre K.Ö.St.V. Kürnberg, Wien 1960 5. 45ff.


K.M.V. Kustersberg Bregenz im MKV

Am 11.3.1938 fand, unter dem Seniorat Karl Pöll, der letzte BC statt, in dem Kustersberg, in Erkenntnis der aussichtslosen Lage, ihre Sistierung beschloss. Ein „Märzveilchen“ wurde auf diesem BC wegen Prinzipienbruchs i.p. dimittiert.

Der Sistierungsbeschluss wurde am nächsten Tag der Direktion des Gymnasiums zur Kenntnis gebracht; dadurch entging Kustersbergs Aktivitas der Verfolgung der nächsten Tage. So konnte auch das Archiv gerettet werden.

Quelle: Heinrich Obermüller, Aufbruch und Untergang 2/2, Wien 2003, S. 329.


K.Ö.H.V. Leopoldina Innsbruck in ÖCV

Am 11. März 1938 befanden sich die meisten aktiven Bundesbrüder, darunter sämtliche Chargen, mit besonderem politischem Auftrag außerhalb Innsbrucks. So wurde das Leopoldenhaus besetzt. Zu unserer Überraschung verbrannten die Nazis in dieser Nacht die Mitglieds-, Toten- und Ehrenbücher, Annalen, Protokollbücher und dergleichen, sodass sie sich selbst die Möglichkeit nahmen, das Verbindungsleben einer Kontrolle zu unterziehen. In dieser Nacht mussten die am Haus wohnenden Leopolden zu ihrer Sicherheit in ihren Zimmern die Türen mit Möbeln verbarrikadieren.

Zunächst wurden wir gehindert, unser Haus zu betreten. Man sah keinen anderen Weg, als über den Begriff Privateigentum und offiziell über die neue Regierung zu den Kostbarkeiten zu kommen. So gelang es in den nächsten Tagen das Haus zu betreten, um das wertvollste Traditionsgut, unsere Fahnen und Wichsen, den größten Teil unserer Bücherei und sogar die Schreibmaschine aus dem Verbindungsheim zu retten. Nur Bundesbruder Luitpold Weh v/o Odin hatte das Pech, geschnappt zu werden, als er eine Schere an sich nahm. Diese mussten wir zurückstellen, ebenso die Messingspitze unserer Fahnenstange. Nur das Papstbild, das uns Pius XI. zum 25. Stiftungsfest gewidmet hatte, verblieb im Leopoldenhaus im Zimmer eines Bundesbruders. Die Fahne nahm Bundesbruder Armin Kurzthaler v/o Schluck in Verwahrung. Sie wurde später wegen der Luftangriffe nach Pettnau am Arlberg in das Haus der Eltern des Bundesbruder Franz Wolf v/o Roland gebracht. Für alle war es äußerst bedrückend, dass am 12. März 1938 auf unserem Haus die Hakenkreuzfahne gehisst wurde.

Nach den Umbruchtagen fuhren alle auswärtigen Bundesbrüder für die Dauer der Osterferien nach Hause. Die wenigen Aktiven, die in Innsbruck zurückblieben, trafen sich durchwegs zweimal in der Woche in Hall. Als später die anderen Bundesbrüder zurückkehrten, fand sich immer wieder eine Runde, bald in dieser, bald in jener Bude eines Leopolden, zusammen. Man wurde dreister und traf sich, oft in sehr ansehnlicher Zahl beim Jörgele.

Wenn auch der Verbindungsbetrieb für Außenstehende aufgehört zu haben schien, kam es doch immer wieder vor, dass die Öffentlichkeit erfahren konnte, dass sich CVer für ihre Ideale einzusetzen wagten. Als im Jahre 1938 in Tirol das Abbrennen der traditionellen Herz-Jesu-Feuer von den Behörden verboten und unter strenge Bestrafung gestellt wurde, waren es Leopolden, die allen Gefahren zum Trotz diesen alten Brauch fortsetzten. Gleichsam als Symbol dafür, dass sich der Freiheitswille und der Glaubenseifer der Tiroler niemals vergewaltigen ließ, loderten am späten Abend des Herz-Jesu-Sonntag zwei große Feuer auf den Bergen empor. Unser Senior stieg allein hinauf auf die Rumerspitze und ließ dort ein großes Feuerkreuz aufleuchten, und die Füchse Hans Papp und Pranz Xaver Schwärzlet brachten das Feuer auf der Nockspitze zum erglänzen. Es waren dies die einzigen Herz-Jesu-Feuer in lnnsbruck von 1938 bis 1945. Es wurde bekannt, dass Leopolden die Missetäter waren. Wenige Nächte später wurden mehrere Bundesbrüder aus ihren Betten geholt und von einer Überzahl Nazistudenten verprügelt.

Am 28. Juni 1938 war der seit langem vorgesehene Termin des Stiftungsfestes. Trotz des Verbotes der Verbindung ließ man es sich nicht nehmen, das Fest in einer der Situation entsprechenden Weise zu begehen: eine stille Messe am Morgen, ein Radausflug mit den Couleurdamen zum Tanz im Fritznerhof, am Nachmittag und am Abend ein Treffen im Kurcafe in Solbad Hall. In einem Wald außerhalb von Fritzens nahm der Senior Leopoldinas die feierliche Burschung von vier Füchsen und eine Bandverleihung vor. Im Herbst 1938 mussten wir erleben, wie – an jenem Abend als in Wien der Gauleiter Bürckel seine Brandrede gegen Kardinal Innitzer hielt – am Leopoldenhaus der Zirkel und das Kreuz aus dem Verbindungswappen gemeißelt wurden. In den kommenden Monaten suchte man immer wieder Anlässe, die die Leopolden zu einer größeren Runde zusammenführen konnten, ohne dass es besonders auffiel. Gute Gelegenheit dazu boten Promotionen. Hemmend für einen gedeihlichen illegalen Verbindungsbetrieb wirkte sich sehr bald auch der Ausbruch des Krieges aus. Viele Aktive wurden zu den Waffen einberufen und mussten ihren Studienort verlassen. Für Innsbruck kam noch hinzu, dass die Universität im Herbst 1939 vorübergehend geschlossen wurde. Die Aktiven verteilten sich auf fremde Universitäten. In Wien bildeten Leopolden gemeinsam mit Raeto-Baiern einen Zirkel, der noch im November 1939 eine erfolgreiche Keiltätigkeit entwickeln konnte. Auf der Rezeptionskneipe vom 7. November 1939 konnten drei Füchse rezipiert werden. Nach München gegangene Leopolden standen an der Wiege der 1940 gegründeten Kampfverbindung Alpinia.

Im Zuchthaus Brandenburg-Görden bei Berlin wird am 21. August 1942 der Leopolde Pater Franz Reinisch (SAC) im Alter von 39 Jahren wegen Kriegsdienstverweigerung hingerichtet.

Auch an den Hochschulwochen in Graz (1943) und Innsbruck (1944) beteiligten sich die aktiven Leopolden.

Quelle: Peter Pichler, 15 Jahre K.Ö.H.V. Leopoldina in Innsbruck, Innsbruck 1976, S. 371ff.


K.Ö.M.V. Nibelungia St.Pölten im MKV

AH Herbert Machatschek v/o Ekkart veranlasste die Einberufung eines BC für den 17. März 1938 auf der Bude. An diesem Convent, der plenis coloribus stattfand, erschienen der damalige Senior Josef Lenz v/o Olaf und der Fuchs Karl Nefischer v/o Giselher mit der Hakenkreuzbinde, legten diese jedoch über Aufforderung ab. AH Ekkart hielt eine Abschiedsrede, während über den Rathausplatz die Deutsche Wehrmacht marschierte und die NS-Verbände brüllend umherzogen. Er forderte die Aktiven auf, trotz der geänderten Verhältnisse im Staate, an den geschworenen Prinzipien festzuhalten, der Kirche die Treue zu wahren und der Österreichischen Heimat in Liebe zu dienen. Sodann wurde über seinen Antrag der Beschluss gefasst, den Verbindungsbetrieb „bis zur Klärung der politischen Verhältnisse“ einzustellen. Das Verbindungsinventar sowie das vorhandene Geld wurden dem Elternverein des St. Pöltner Gymnasium beschlussmäßig übereignet, die Couleurartikel, das Wappen und die Protokolle, Bücher und dergleichen wurden in sein Eigentum übergeben.

Quelle: 60 Jahre K.Ö.M.V. Nibelungia, 1979, Dr. Herbert Machatschek, S.25ff.


K.Ö.St.V. Nibelungia Wien im ÖCV

Freitag 11. März 1938. Der CV wird mobilisiert und im Gebäude Wien I., Concordiaplatz 2 kaserniert. Gegen Abend hören wir Gerüchte von der Abschiedsrede Schuschniggs. Wenig später kommt die Polizei – schon im Dienste des neuen Regimes – und besetzt das Haus, behindert aber nicht unseren Abzug. Wir vereinbaren für den nächsten Tag frühzeitig ein Treffen auf der Bude in der Währingerstraße, gehen auf Umwegen – um den jubilierenden NS-Kolonnen auszuweichen – nach Hause und finden in dieser Nacht nur wenig Schlaf.

Samstag, 12. März 1938, 6 Uhr morgens. Wie geplant räumen wir, meiner Erinnerung nach waren Adolf Oppel und Bruno Kitzmantel dabei, Fahne, Wichsen und Protokollbücher aus der Bude weg und deponieren alles in der Wiener Studentenbude Hans Kriegls, der sich bereit erklärt hatte, das kostbare Gut auf dem Bauernhof seiner Eltern in Franzensdorf für bessere und schönere Zeiten aufzubewahren. Leider war die gute Absicht eine Fehldisposition. In den Tagen der Besetzung des Marchfeldes durch die Sowjetarmee 1945 gingen die „Nibelungenschätze“ verloren.

In jenen Tagen geben sich lediglich ein aktiver Bursch und zwei Füchse als Nationalsozialisten zu erkennen. Alljährlich zum Stiftungsfest wird eine Gedenkmesse veranstaltet, wobei nachher ein Umtrunk stattfindet. Bei dieser Gelegenheit finden auch Rezeptionen statt. Aus der Festschrift der KÖHV Alpinia Innsbruck 1965 geht auch hervor, dass Nibelungen an der von Carolina im Herbst 1943 in Graz veranstalteten katholischen Hochschulwoche teilgenommen haben.

Quelle: 75 Jahre K.Ö.St.V. Nibelungia, Wien 1983, Dr. Oskar Folkert „Einige Erinnerungen aus den Jahren 1938-45“ S. 32ff.


K.Ö.H.V. Nordgau Wien im ÖCV

Kratz und Handler waren die letzten, die die Bude nach dem Anschluss aufsuchen konnten. Handler hat sich die Fahne um den Leib gewickelt und sie nach Hause gebracht. Hans Borik (nach dem Krieg dimittiert) wurde von den Nazis zum Liquidator der Verbindung bestellt, verlangte die Herausgabe der Fahne und erhielt sie auch. Tatsächlich hat Borik die Fahne aber nicht abgeliefert, sondern sie für sich behalten und nach dem Krieg dem Nordgau wieder zurückgestellt.

Quelle: Mitteilung HR Kurt Krotz vom 12. Dezember 1987


K.a.V. Norica Wien im ÖCV

Dem Senior des WS 37/ 38, Hans Wollinger, wurde vom BC eine Art Notverordnungsrecht verliehen, das ihm die Möglichkeit gab, schnell und umfassend Entscheidungen treffen. Am 10. März machte der Senior von der Ermächtigung des Conventes Gebrauch und verpflichtete sämtliche Aktiven und Extralocierten, soweit sie nicht schon im Berufsleben standen, tags darauf geschlossen dem Sturmkorps der Vaterländischen Front beizutreten und sich zu diesem Zwecke um 17 Uhr auf der Bude zu versammeln. Von den 93 Verpflichteten waren drei erkrankt und vier von Wien abwesend; 86 traten um 18 Uhr in der Sturmkorpskaserne am Concordiaplatz mit dem Gewehr in der Hand den Dienst an.

Am 11. März um 23 Uhr hatten sich unaufgefordert und unverabredet fünf Noricer auf der Bude eingefunden, um zu retten und zu bergen, was nur möglich war. Sie verbrannten alles, was bei den neuen Machthabern Verdacht erregen könnte. Der Rest wurde vorläufig in den Keller des Restaurants Bauer gebracht. Dinge, die besonders wertvoll waren, wurden in das Auto des Seniors gebracht und dort verstaut. Durch nächtliche Fackelzüge fuhren dann die wackeren Bundesbrüder durch Wien und verteilten ihre Kleinodien. Die Fahnen kamen zu Matschnig, die Bücher und Bilder zu Niederle, die Wichsen und Kataster zu Wollinger. Der Senior wollte am nächsten Morgen nochmals zur Bude fahren, rief aber vorher an, um sich zu vergewissern, dass er dies gefahrlos tun könne. Es entspann sich folgender Dialog. „Hier Norica! – Wer spricht? – Hier spricht der Erstchargierte. – Das dürfte nicht stimmen, denn der spricht hier! – Nun pass mal auf, mein Junge, hier spricht die SA! – Danke, das genügt!“ Die SA fand auf der Bude nichts vor als leere Kästen und Schreibtische usw. Nachdem auch diese fortgeschafft worden waren, wurde die Bude amtlich versiegelt. Diese Zeit benützen einige Bundesbrüder, um die Statue des hl. Severin, das Papstbild, einige Bücher, den Silbernen Lorbeerkranz vom 25jährigen Stiftungsfest u.a.m. heimlich zu bergen.

Ab dem SS 1938 fanden jeden Dienstag im Gasthaus Schweinberget in der Reisnerstrasse Zusammenkünfte statt, die am Anfang sehr gut besucht waren (25 bis 38 Bundesbrüder), die jedoch mit den zunehmenden Einberufungen immer schlechter besucht und schließlich im SS 1943 eingestellt wurden. Das 55. Stiftungsfest am 21. Juni 1938 wurde im Rahmen eines Ausfluges in den Wienerwald zusammen mit Damen gefeiert. Neben der gemeinsamen Messe und der Jause wurde auch ein Convent abgehalten, der unter freiem Himmel stattfand. Dabei wurden fünf Noricerfüchse geburscht. Dies war das letzte Stiftungsfest der illegalen Norica, das im Sommer gefeiert wurde. Aus Sicherheitsgründen wurde es zwischen 1939 und 1945 am Gründungstag (23. Dezember) gefeiert.

Ein weiterer sehr beliebter Treffpunkt war bei AH Dr. Johann Pollak, der in Pillichsdorf seine Praxis eröffnet hatte. Da es dort keine Gestapo, ja nicht einmal einen Nazi gab, konnten ungehindert Kneipen und ähnliches veranstaltet werden. Im SS 1939 fand in einem Nebenzimmer in einem Gasthaus in Pillichsdorf die erste verbotene Rezeption statt.

In Wien trafen sich Noricer und Heruler (MKVer) um die Brüder Hans und Robert Rintersbacher im Cafe Rüdigerhof und im Stieglbräu. Im SS 1940 wurden vier neue Studenten rezipiert. Bei Schweinherger auf der Landstrasse fanden Promotionsfeiern statt.

Die Seele, das Gewissen und der Motor der Altherrenschaft blieb in der Verbotszeit der Philistersenior Robert Krasser. Seine Wohnung in der Millergasse wurde Treffpunkt unzähliger Bundesbrüder. Jeder Urlauber hatte sich beim Senior zu melden. Man ging daran, sich in Gruppen zu fünf Mann in Privatwohnungen zu treffen, ja sogar eine Geheimschrift wurde erfunden, die nur fünf Leute kannten. Jeder Bundesbruder, der sich viel mit anderen traf, hatte noch dazu einen Decknamen bekommen. Am 23. Dezember 1941 fand zum letzten Mal in Pillichsdorf eine Gründungskneipe statt, da zu viele Aktive an die Front mussten, ab dann fanden die Gründungsfeste in Wien statt.

Am Beginn des SS 1944 stirbt Noricas Gründer Dr. Vinzenz Rabenlechner. An seinem Begräbnis auf dem Hietzinger Friedhof nahmen etwa hundert in Wien weilende Noricer teil. Während der gesamten Verbotszeit wurden bei Norica neun neue Mitglieder aufgenommen.

Quelle: 15 Jahre Norica, II. Norica in der Verbotszeit, Dr. Wollinger, Wien 1961, 5.225ff.


K.A.T.V. Norica Graz im ÖKV

Arthur Neppel berichtet: „Nachdem infolge der dauernden Demonstrationen der illegalen an den beiden Grazer Hochschulen sich eine baldige Änderung vorgezeichnet hatte, kam es zu den denkwürdigen Märztagen des Jahres 1938. Am Freitag, dem 11.3.1938, war ich um 21 Uhr auf dem Jakominiplatz, las den Aufruf zur Volksbefragung im Volksblatt von Bundespräsident Miklas und Kanzler Schuschnigg. Das Volksblatt erschien für diesen Samstag in zwei ganz verschiedenen Auflagen. Die abends kolportierte Auflage noch ganz „österreichisch“, die Morgenausgabe am 12. März ganz deutsch gerichtet.

An diesem Samstag bereits um 6 Uhr morgens bat der Senior Kruschetz mich und einige andere Norikaner, vor allem die letzten Chargen, zu einer Besprechung auf die Bude. Wir verfassten um 7 Uhr morgens folgendes Schreiben: „Die KATV Norika löst sich mit Samstag 12.März 1938 auf.“ Kruschetz brachte dieses Schreiben persönlich auf die bereits von der SS übernommene Polizeidirektion. Nach einigen Tagen konnte man in allen Zeitungen lesen: „Unter dem Druck der Ereignisse hat sich die KATV Norika selbst aufgelöst.“

Quelle: 100 Semester KATV Norika Graz 1980.


A.V. Raeto-Bavaria Innsbruck im ÖCV

Da der Einmarsch deutscher Truppen unmittelbar bevorstand, beratschlagten die Aktiven mit einigen Alten Herren, was mit dem Verbindungseigentum geschehen sollte. Es wurden schließlich beinahe alle BC-Protokolle, Mitgliederlisten, Briefe und anderen Schriften verbrannt, da die Unterlagen auch niemand verstecken wollte, da man Hausdurchsuchungen befürchten musste. Nachdem diese Arbeit getan war, wurde der Bargeldbestand der Verbindungslegende nach in einem Innsbrucker Lokal ausgegeben. Nur Bbr. Hans Platzgummer sollte später noch einmal auf die Bude zurückkehren, um die Verbindungsfahne zu retten, welche 30 Jahre lang der Korporation in Freud und Leid vorangetragen worden war. Von Bbr. Reinhold Hefel wurde die Fahne in Vorarlberg und später in Liechtenstein in Sicherheit gebracht.

Im geheimen ging der Verbindungsbetrieb weiter, August Hager übte auch in den nächsten Jahren hindurch das Seniorat aus. Das 30. und das 31. Stiftungsfest wurden in Matrei in der Pension Kraft des AH Hermann Flora v/o Haymon gefeiert. Die Kneipen und sonstige größeren Zusammenkünfte wurden außerhalb der Stadt abgehalten. Als im Herbst 1939 der Betrieb der Innsbrucker Alma mater eingeschränkt wurde, wanderten die Hörer nach München und Wien. Besonders in Wien pflegten die Raeto-Baiern ein reges Verbindungsleben, und am 10. November 1939 konnte der Fuchsmajor Neyer den Neofuchsen Ferdinand Hefel in einer Ottakringer Heurigenschenke rezipieren. Für die Altherrenschaft bildeten in Innsbruck der Philistersenior Salcher und Herrmann Flora den Mittelpunkt der häufigen Treffen.

Quellen: Festschrift zum 100. Stiftungsfest der Akademischen Verbindung Raeto-Bavaria, Innsbruck 2008, S. 50; Geschichte der AV Raeto-Bavaria, Manuskript 1963, S 111ff.


Ö.k.a.V. Rhaeto-Danubia im ÖCV

Bei Rhaeto-Danubia trat der im Jahre 1936 vorsorglich gefaßte CC-Beschluss in Kraft, wonach Dr. Josef Zwerenz v/o Ekkehard zum Verbindungsführer mit Konventsbefugnis für die Dauer der Illegalität berufen worden war. Es mag symbolhaft für die Zukunft der Verbindung gewesen sein, dass am 13. März 1938 – während in den Straßen Wiens eine von Massenhysterie und Psychose erfasste Volksmenge sich mit „Sieg Heil“ heiser schrie – in der Wohnung des Philisterseniors Dr. Zwerenz sich die Bundesbrüder Rupp v/o Baldur, Pointner v/o Winfried, Krejsa v/o Totila und Kaplan v/o Wolfram zur ersten illegalen Zusammenkunft eingefunden hatten. Wenige Tage später traf man sich in einem kleinen Gasthaus in Hernals zu einer Besprechung über die Art, in welcher die Verbindung trotz Verbot weitergeführt werden sollte. Das Verbindungsinventar wurde auf mehrere Orte aufgeteilt. Einige Bundesbrüder stellten sich offen auf die Seite der Nationalsozialisten und lehnten nun, sei es aus Angst, sei es aus Überzeugung, das ab, worauf sie den Burscheneid geleistet hatten.

Bundesbruder Karl Pointner, der Senior Rhaeto-Danubias am 13. März 1938, gründete in Znaim bei der Wehrmacht einen illegalen CV-Philisterzirkel.

Auch in den Kriegsjahren des Weltkrieges ist es gelungen, neue Gesinnungsfreunde zu gewinnen, wie die Bundesbrüder Rudolf Bucek v/o Gunther, Josef Kaliander v/o Wolfdietrich und N. N. v/o Theo. Mehrfach fanden gemeinsame Veranstaltungen mit Rudolfina statt.

Quelle: Blau-rot-silber, Zeitung der Ö.k.a.V. Rhaeto-Danubia Nr. 1/1981, „1930-1980 - Ein Rückblick“, S. 9ff.


K.St.V. Rhenania Wien im MKV

Rhenania gelang es dank der Umsicht des damaligen Burschen Karl Tögel und des Einsatzes einiger Bundesbrüder, die Wichsen und den Großteil der Bücherei, sowie die Conventsprotokolle der Jahre 1919 bis 1936 zu retten. Die Bude ging verloren.

Die Bude Teutoniae (einer Tochterverbindung Rhenaniae) wurde von verhetzten Jugendlichen gestürmt, geplündert, und das gesamte Inventar zerstört. Was übrig blieb war ein Haufen zerfetztes Papiers, zerrissener Wichsen, zerschlagener Möbel – eine Visitenkarte, wie sie eindringlicher nicht gegeben werden konnte. Das Zerstörungswerk der illegalen HJ vom 11. März 1938 wurde mit Bescheid des „Reichsstatthalters von Wien“ vom 30. November 1939 gekrönt, mit dem die Verbindung auf Antrag des Stillhaltekommissars aufgelöst wurde. Aber die Korporation und ihr Geist waren nicht tot. Schon nach wenigen Tagen trafen sich einzelne Bundesbrüder in verschwiegenen Gaststätten. Sie wechselten diese stets, um der Verfolgung zu entgehen. Damals wurde der Comment um eine neue Veranstaltung, den DS (Dämmerschoppen), bereichert. Diese Veranstaltung musste alles ersetzen: den BC, den AHC und die Kneipe. Im Sommer 1938 wurde noch einmal, wie in den früheren Jahren, eine Ferienaktion der Favoritner Mittelschule nach Hochlacken bei St. Gilgen durchgeführt, unter ihnen sechs Teutonen, zwei Rhenanen und ein Gote. Anlässlich einer verregneten Dampferfahrt nach St. Wolfgang fand eine Ferialkneipe statt, bei der mit seltener Begeisterung alte vertraute Studentenlieder erklangen, Salamander gerieben wurden und der Comment in prächtiger Vollendung herrschte. Der Eindruck dieses Erlebnisses war so stark, dass noch mehrere studentische Abende in Fuschl und St. Gilgen folgten. Bei der Heimfahrt nach Wien gab es für diese Farbstudenten am Westbahnhof keinen Abschied. Unausgesprochen fühlten sie alle, das Ferienheim Hochlacken war die Geburtsstätte einer tieferen Freundschaft geworden. Unbewusst ließen die vergangenen Erlebnisse den Gedanken reifen, über alle organisatorischen Erfordernisse hinweg eine Gemeinschaft zu bilden, die wohl im Augenblick auf jede äußere Form verzichten musste.

Rhenania und Teutonia reagierten auf diesen Impuls. Der Herbst 1938 fügte vorerst unabhängig voneinander beide Verbindungen im kleinsten und vertrautesten Kreise neu zusammen. Teutonia feierte am 3. November 1938 im Sommerhaus eines Bundesbruders in Brunn am Gebirge den Landesvater. Kurze Zeit nach dieser, seit dem März 1938 zum ersten Mal wieder in vollen Farben im geheimen verbrachten Zusammenkunft verließen die ersten Bundesbrüder, zum Dienst in die deutsche Wehrmacht einberufen, die Vaterstadt, nicht ahnend, dass sie damit für viele Jahre, für Jahre des Schreckens und der Gefahr von ihren Lieben und ihren Freunden Abschied nehmen. Genauso war es bei Rhenania. Es war naheliegend, dass sich die Bundesbrüder beider Korporationen bald fanden und gegenseitige Zusammenkünfte besuchten. Eine herzliche Freundschaft entwickelte sich, die durch die gleiche Sorge um so manchen Bundesbruder in eine echte, von Herzen getragene brüderliche Liebe vertieft wurde. Wer sich heute noch an die bitteren Stunden erinnert, in denen oft von allen aus der Heimat gerissenen Angehörigen beider Verbindungen jede Nachricht fehlte, in denen Briefe verfasst wurden, die den in der Ferne weilenden Brüdern Frohsinn und Mut bringen sollte, die aber in banger Sorge geschrieben waren, dem wird es unvergessen bleiben, in welch taktvoller und inniger Weise sich die Verbindungen damals entgegen kamen. Schon nach wenigen gemeinsamen Abenden spürte man nichts mehr von zwei verschiedenen Couleurs. Diese Einheit wurde durch die Verleihung des Bandes Rhenaniae an zwei Teutonen zum Ausdruck gebracht. Am 23. November 1940 feierten beide Korporationen gemeinsam den Landesvater in Brunn am Gebirge. Bei dieser Gelegenheit wurde dem Kooperator an der Pfarrkirche St. Anton, Hochwürden Dr. Franz Gruber, das Ehrenband Rhenanias überreicht. Dr. Gruber hatte seit 1938 die seelsorgliche Betreuung der Bundesbrüder übernommen und manche Zusammenkunft in seiner Wohnung im Schutze der Pfarre St. Anton ermöglicht. Einen Monat später vereinigten sich alle in einer Hütte im Wienerwald bei Mauerbach zu einer Weihnachtskneipe. Dabei wurde aller gedacht, die draußen an den Fronten waren. Feldpostbriefe berichten von diesen ergreifenden Stunden.

Nach dem Krieg ging Teutonia in ihrer Mutterverbindung Rhenania auf.

Quelle: Festschrift 75 Jahre Rhenania; Wien 1982.


K.Ö.St.V. Rugia Innsbruck und K.Ö.St.V. Cimbria Innsbruck im MKV

Wie ich dann erst einige Tage später erfuhr, hatte unser Senior Fritz Prior bei all diesen turbulenten Ereignissen nicht daran gedacht, [von der Schule] nach Hause zu gehen, um dort der Dinge zu harren, die da kommen sollten. Er fuhr mit seinem Fahrrad zur „Rugenbude“ im Gasthof Meinl und brachte in seinem Rucksack die Annalen, unser geschnitztes Holzwappen, unseren Tiroler Adler und unsere Schläger an den marschierenden Kolonnen von SS, SA und HJ vorbei in seine Wohnung und damit in Sicherheit. Zirka eine Woche später konnten wir dann noch gemeinsam unseren Kasten mit dem restlichen Verbindungsinventar mit einem Fahrzeug abholen und bei unserem Bundesbruder Theodor Bonatti im Keller seines Wohnhauses in Sicherheit bringen.

Es vergingen nur wenige Wochen, als Fritz Prior während einer Unterrichtspause zu mir kam und sagte: „Stell die vor, wir haben wieder eine Bude und können weitermachen.“ Was war geschehen? Fritz Prior hatte sich mit den maßgeblichen Bundesbrüdern der Cimbria in Verbindung gesetzt. Sie beschlossen, gemeinsam unsere studentischen Betriebe fortzusetzen.

Die Eltern des Cimbern Kurt Müller stellten uns in ihrer Villa in Innsbruck-Pradl einen Kellerraum zur Verfügung. Es wurde von uns allen das Versprechen abgenommen, unbedingtes Stillschweigen zu bewahren und nicht einmal unseren Alten Herren von unserem Tun zu berichten, um sie nicht in irgendwelche Schwierigkeiten zu bringen.

Um einer möglichen Bespitzelung zu entgehen, durften wir nur nach Einbruch der Dunkelheit und immer nur einzeln kommen. Auch musste sich jeder sein Getränk selbst mitbringen. Wir kamen immer mit der Schultasche, in welcher sich zusätzlich ein Heft oder ein Schulbuch befand. Sollte man befragt werden, kamen wir offiziell nur zu einer Nachhilfestunde. So war es dann auch, dass man in der Schule benachrichtigt wurde: „Heute hast Du Nachhilfe.“

Selbstverständlich verließen wir dann nach Beendigung des „Kellerbetriebes“ die Villa einzeln und mit größter Vorsicht. Im Keller-Kneiplokal bestand die Einrichtung lediglich aus improvisierten Tischen und Sitzgelegenheiten. An der Wand hingen die Fahnen Cimbrias und Rugias einträchtig nebeneinander. Waren wir wegen der Konkurrenz beim Keilen usw. mit den Cimbern nicht gerade Intimfreunde gewesen, so waren wir nun durch die Umstände der Zeit eine verschworene Gemeinschaft geworden. Wir wussten alle, dass ein Bekanntwerden unseres Tuns den sofortigen Ausschluss aus der Schule, Verbot eines weiteren Studiums und strafrechtlicher Konsequenzen zur Folge gehabt hätte.

Der Komment bei den Kneipen wurde von uns so geändert, dass es weder einen Burschensalon noch einen Fuchsenstall gab. An den beiden Spitzen der Tafel saßen der Senior Cimbrias und der Senior Rugias. So verging das Schuljahr 1937/ 38. Während der Sommerferien wollte Fritz Prior, dass unsere Rugen-Kontakte nicht abbrechen sollten. Als geeigneten Treffpunkt sah er das Gasthaus Egerdach, zirka 3 km an der Peripherie von Innsbruck an einem Waldrand etwas abseits gelegen, an.

Als wir dann eines Nachmittags mit unseren Rädern nach Egerdach fuhren, sprach Fritz Prior mit der Wirtin, welche bereits eine etwas ältere Frau war. Er erklärte ihr, dass wir von der HJ seien, von einer Geländeübung kämen und nun gerne etwas trinken würden. Wir hätten jedoch strengstes Gasthausverbot und würden sie bitten, falls sie ein gutes Herz für junge Leute hätte, uns ein abgelegenes Zimmer zur Verfügung zu stellen, wo uns niemand sehen könnte. Sie hatte ein Herz, stellte uns ein kleines Hintergastzimmer zur Verfügung und versprach uns, auch dafür zu sorgen, dass niemand etwas von unserer Anwesenheit erführe. So wurden wir dort gerne gesehene „Stammgäste“, hatten wieder eine „Bude“ und konnten im möglichen Rahmen unsere Ferialbetriebe abwickeln.

Hatten wir die ersten Monate nach dem 12. März 1938 noch halbwegs im Kreise unserer Bundesbrüder verbringen können und war auch ein gewisser Ferialbetrieb möglich gewesen, so änderte sich die Situation im Spätherbst 1938 fast schlagartig.

Wir mussten die Zusammenkünfte im Keller unseres Freundes Müller von der Cimbria fast abrupt abbrechen, denn es war irgendwie durchgesickert, dass unsere illegalen Zusammenkünfte doch nicht so ganz unbeobachtet geblieben waren. Einsichtiges und vernünftiges Handeln ließ daher unsere diesbezüglichen Kontakte sofort der Vergangenheit angehören. […] Besonders Fritz Prior konnte immer wieder die Beobachtung machen, dass sich jemand vom HJ-Streifendienst um ihn „kümmerte“. Dass damit auch die Ära „Egerdach“ für uns zu Ende ging war nur eine logische Folge.

Quelle: Alois Kranebitter, in: 1938 – Kartellbrüder erinnern sich, S. 74ff.


K.Ö.St.V. Rugia Ried im MKV

Während dieser Tage (11.–13. März 1938) machte ich mit einem Bundesbruder einen heimlichen Besuch auf der Rugenbude, die damals im Gasthaus Aschenberger untergebracht war. Die Farbembleme und das sonstige Inventar waren verschwunden, von den Wichsen keine Spur. Offensichtlich war die Bude von der Hitlerjugend ausgeräumt worden. Wie sich später herausstellte, hatte AH Straßl mit einigen Aktiven doch noch rechtzeitig die Wichsen wegschaffen können. Bei seinen Eltern wurden sie dann versteckt.

Die Situation am 12. März 1938 morgens habe ich noch in guter Erinnerung. Ich kam wie alle Tage als Bahnschüler um ca. 7 Uhr früh am Bahnhof Ried an. Den ankommenden Schülern, die noch das vaterländische Schülerabzeichen an den Röcken trugen, wurden diese Abzeichen von Bewaffneten in Uniform heruntergerissen. Der ganze Bahnhof war bewacht. Viele Schüler wussten noch nicht, was sich in der vergangenen Nacht abgespielt hatte. So wie der Bahnhof waren an diesem Morgen alle öffentlichen Gebäude von bewaffneten Nationalsozialisten bewacht. Bei den Posten konnte man so manches bekannte Gesicht sehen – sprich Mitschüler. In den folgenden Tagen entfiel der Unterricht, im Gymnasium sollten Soldaten einquartiert werden.

Quelle: K.Ö.St.V. Rugia Ried 1908–1978, Hans Walchshofer „Rugia 1937/38“ S. 25ff.


K.Ö.H.V. Rugia Wien im ÖCV

Eine „provisorische Bude“ bestand im Haus Beatrixgasse 22. Hier konnte eine abgeschlossene Wohnung genutzt werden, die ansonsten zu Studienzwecken stark frequentiert wurde. Hier fanden auch einige Rezeptionen statt. Bundesbruder Schmid v/o Spatz wurde in der Wohnung von Alten Herrn Haball v/o Großglockner geburscht. Großglockner verwahrte auch während der Kriegszeit die Insignien und Utensilien der Verbindung.

Eine Drehscheibe für den Zusammenhalt der Bundesbrüder war in dieser Zeit auch die Witwe von Bbr. Romstorfer, die in der Nähe des Westbahnhofes eine kleine Parfumerie betrieb – optimal geeignet für die Ab- bzw. Weitergabe von Informationen.

Quelle: Festschrift 100 Jahre Rugia, Wien 2009, S. 68.


K.Ö.St.V. Tauriskia Villach im MKV

Während die SA bei Nibelungia Inventar und Archiv beschlagnahmte, gelang es den Bundesbrüdern Rudolf Maser v/o Volker und Wilhelm Paulik v/o Perkeo, den größten Teil des Verbindungseigentums auf Dachböden zu verstecken, wo es den Bombenkrieg überstand. In der NS-Zeit wurden viele Bundesbrüder gemaßregelt und verloren ihre Posten, die AHAH Karl Adamik und Davorin Weingerl wurden ins KZ verschleppt. Weingerl starb dort für seine Überzeugung. Aber es gab bei Tauriskia kein einziges „Märzveilchen“.

Quelle: 50 Jahre Tauriskia Villach, Villach 1977 S, 7ff.


K.Ö.St.V. Teutonia Innsbruck im MKV

Mit der Machtübernahme [wurde] das Sparkassabuch beschlagnahmt, und dem xxx [Anm.: Schriftführer] wurden die Annalen und das Inventar weggenommen […] (Bbr) Hundegger […] brach den versiegelten Kasten im Gasthof Rosengarten von hinten auf, ohne das Sigillum zu verletzen und konnte so das Inventar auf seinem Dachboden sicher verstauen. Dieser mutigen Aktion haben wir es zu verdanken, dass Teutonia im Besitz aller Annalenbände seit 1876 ist, ausgenommen der konfiszierte Annalenband, der auch nach dem Krieg nicht mehr auftauchte.

Als nach einem Jahr der […] Krieg gegen Polen ausbrach, organisierte Dr. Loch (Dobin) am zweiten jedes Monats in taberna crucis albae (Gasthof Weißes Kreuz) „Betriebsappelle“, und zuerst zögernd, dann immer mehr kamen die Bundesbrüder und zuletzt war es für die Frontteilnehmer üblich, es so einzurichten, dass man am Zweiten des Monats in Innsbruck weilte.

Quelle: Festgabe zum 110. Stiftungfest TMV Teutonia, Innsbruck 1986.


K.Ö.St.V. Thuringia Wien im MKV

Kaum waren die Abschiedsworte Schuschniggs am 11. März 1938 verklungen, als sich auch schon die am nächsten der Bude wohnenden Bundesbrüder Josef Bezemek v/o Dankwart und Rudolf Wiesinger v/o Arnulf gemeinsam mit dem Senior Theo Pribil v/o Faust aufmachten, um von der Bude zu retten, was noch zu retten war. Sie schleppten alle Wichsen, Couleurgegenstände und Schriften raschest in ihre Wohnungen. Ein neuerlicher Versuch, auch noch die Paukgeräte zu retten scheiterte, da die Bude bereits von der Hitlerjugend besetzt war. Die Wertsachen der Verbindung wurden noch auf die Bundesbrüder Harald Kusche v/o Perkeo und Alfred Wegl v/o Loki aufgeteilt und so durch den Krieg gerettet.

Schon wenige Tage nach der Machtergreifung versuchten Thuringen ihren Freundeskreis hinter verschlossenen Türen weiter aufrechtzuerhalten. Im Cafe Kraus in der Schottenfeldgasse 76, das Lokal gehörte dem Vater einer Couleurdame und späteren Gattin eines Bundesbruders, wurde ein wöchentlicher Herrenabend abgehalten. Auch bei Ausbruch des Krieges blieb das Cafe der Mittelpunkt des Verbindungslebens, und kein Thuringe, der in Wien stationiert oder auf Urlaub war, verabsäumte es, den Herrenabend zu besuchen. Alfred Wegl, der letzte Senior, übernahm es, mit den im Felde stehenden Bundesbrüdern regelmäßigen schriftlichen Verkehr aufrecht zu erhalten.

Quelle: Annalen Thuringias, Karl Jirovec, Wien 1947.


K.Ö.St.V. Traungau Graz im ÖCV

Der ehemalige Senior des SS 1938, Josef Gaisbacher, berichtet:

„Am Abend des 11. März saß ich mit einigen Bundesbrüdern auf der Bude, um alle Eventualitäten zu beraten. Da hörten wir im Radio die letzte Botschaft Schuschniggs. Nun wußten wir alle, wieviel es geschlagen hat. Wir vernichteten Mitgliedsverzeichnisse und alles, was den zu erwartenden Nazis nicht in die Händefallen sollte. Ich wickelte mir die Fahne um den Körper und brachte sie in Begleitung zweier Bundesbrüder in meine Wohnung auf dem Hauptplatz. Am nächsten Tag holte sie Josef Bauer v/o Faßl ab und brachte sie in seine Heimat nach Floing bei Weiz. Auch er musste sie um den Leib gewickelt wegtragen, denn auf dem Hauptplatz tobte unablässig seit der Abschiedsrede Schuschniggs das NS-Volk in seiner Siegesfreude: kurze Zeit später war bei mir Hausdurchsuchung; glücklicherweise fand man das Wichtigste, die Fahne, nicht mehr vor. Die Wut der nationalen Studenten, die uns perlustrierten, war grenzenlos, aber unsere Chargierten hielten dicht.“

Später fanden beim Versteck der Fahne in Floing Burschungen statt. Gaisbacher hielt 1942 sogar eine regelrechte Couleurhochzeit ab. Wie auch bei Carolina hielt EPh Max Kurz v/o Mephi hundertfach brieflichen Kontakt zu allen im Feld stehenden Bundesbrüdern. Am 15. Mai 1943 wurde in der Wohnung von Gert Stepanschitz auf einem BC der Beschluss gefasst, die wiedererstandene Carolina zu teilen und den Traungau zu reaktivieren. „Zum Traungau meldeten sich die Mediziner Gottfried Brugger, Ernst Kresbach, Herbert Pultar und Pranz Maller. Aus räumlichen und organisatorischen Gründen blieb unser Urmitglied Rudolf Dörner Senior beider Verbindungen, den Fuchsmajor stellte Carolina. Beide Korporationen führten in der Folge ihr Eigenleben, offizielle Veranstaltungen, wie Gesangskonvente, wissenschaftliche Abende, Gottesdienstbesuche und Ausflüge, wurden jedoch gemeinsam gemacht. In der Praxis hatte der Traungau meist den gesellschaftlichen Teil über.“ (Nach Dr. Pranz Maller)

Vier Traungauer wurden ins KZ gebracht, 12 weitere hatten Haftstrafen zu erdulden.

Quelle: 50 Jahre Traungau Graz, Graz 1958 S.38ff.


K.Ö.H.V. Sängerschaft Waltharia im ÖCV

Als ich mich am 12. März 1938 zur Bude Waltharias schlich, fand ich an der Tür einen Anschlag des Inhaltes, dass sie von der SA beschlagnahmt und das Betreten verboten sei. Die Beschlagnahme war schon in der Nacht durch einen SA-Mann erfolgt, der im Schwarzspanierhof über unserer Bude wohnte.

Trotz dieser Warnung steckte ich meinen Schlüssel ins Schloss und betrat die mir wohl vertrauten Räume. Ich betrachtete Abschied nehmend die Prunkfahne, die ich nicht zu retten wusste, riss aber die vergoldete Fahnenspitze – sie ziert heute die neue, originalgetreue Prunkfahne – an mich und stopfte sie, in eine Schärpe eingewickelt, in meine Aktenmappe. Dann verließ ich schleunigst die Bude, die ich nie mehr betreten sollte. Der Schwarzspanierhof ist während eines Bombardements des Zweiten Weltkrieges ausgebrannt.

Eine alte, uns katholischen Farbstudenten wohlgesinnte Nachbarin hat mir anlässlich eines kurzen Besuches noch mitgeteilt, dass SA-Männer mit unserem wertvollen Notenarchiv die Coloniakübel im Hof gefüllt und dabei mit ihren Stiefeln kräftig nachgeholfen hätten.

Quelle: Dr. Egon F Herbert, in: 1938 - Kartellbrüder erinnern sich, S. 48 f.


K.Ö.St.V. Welfia Linz im MKV

Welfia hatte noch bis in die Kriegsjahre hinein aktiven Betrieb. Auf BC-Beschluss wurde der Name der Verbindung in „Austro-Welfia“ geändert und neben dem Welfenband ein rot-weiß-rotes Band als Symbol der unwandelbaren Treue zu Österreich getragen. Der vorerst letzte BC fand am 4.März 1939 statt.

Quelle: Annalen der K.Ö.St.V. Welfia