Dr. Otto Nuhr
Personalia
Geboren:
Gestorben:
Beruf:
Verfolgung:
Haft im Lager Rudolstadt/Thüringen 27.03.1938 - 29.10.1938
Mitgliedschaften
MKV:
Lebenslauf
Otto Nuhr wird 1929 bei der Mittelschulverbindung Rhaetia Wien aufgenommen. Nach der Matura 1933 studiert er Medizin in Wien. Er muss „durch eigene Arbeit“ für sein Studium aufkommen. Über den letzten BC „zur Zeit des Umbruchs“ berichtet Otto Nuhr u. a.:
„Wir wollten damals den Verbindungsbesitz an die anwesenden Bbr. verteilen, damit jeder einzelne ihn durch sicheres Verstecken vor der Beschlagnahme retten könne. Plötzlich platzt mitten in die Beratung der jüngere Sohn unseres Wirtes Stössel herein, und zwar in voller SS-Uniform, und erklärt uns für verhaftet, wenn wir nicht alles liegen und stehen lassen und den Saal sofort verlassen würden. Es gelang mir noch, meinen Deckel, meine Farben und das Mitgliederverzeichnis, das wenige Monate vorher angelegt wurde, mit dem beiliegenden Fotoalbum an mich zu nehmen und zu verschwinden.“
Um niemand zu gefährden, verbrennt er das Mitgliederverzeichnis. Am nächsten Tag erfolgt eine Hausdurchsuchung bei ihm. „Es folgten zahlreiche Einvernahmen an allen möglichen Stellen in Wien, da ich die Namen meiner Bundesbrüder nicht nennen wollte.“ „Wegen illegaler Betätigung bei einer kath. Studentenverbindung“ und weil er die Namen der Mitglieder nicht preisgegeben hat, wird er am 27.3.1938 „mit Autobussen zum Westbahnhof gebracht, ohne dass uns ein Wort gesagt wurde, in einen Zug verladen, der bald darauf abfuhr. In Rudolstadt/Thüringen wurden wir ausgeladen und in ein mit hohem Stacheldraht umgebenes Lager gebracht“, so schreibt er in seinem Lebenslauf. Er wird dort bis zu seiner Enthaftung am 29.10.1938 zu Arbeiten am Saalestaudamm herangezogen. Er kann anschließend weiterstudieren und wird im Februar 1939 zum „Dr. der ges. Heilkunde promoviert“ und kann dann als „Sec.Arzt“ im Dombacher Krankenbaus seine Ausbildung fortsetzen.
Vom 14.3.1940 bis zu seiner Verwundung am 25.3.1940 wird Otto Nuhr als Frontarbeiter zu Arbeiten am Westwall „auf den Spicherer Höhen unter feindlichem Beschuss“ verpflichtet. Am 15.4.1940 muss er zur deutschen Wehrmacht einrücken, wird mehrmals schwer verwundet und dann „auf Befehl des Wehrkreisarztes strafweise“ in Stalingrad eingesetzt, „von wo ich mit einem Kopfstreifschuss wieder herauskam.“
Weitere Stationen bis Kriegsende sind auf Grund von Schikanen von NS-Ärzten die Strafversetzung nach Ostpreußen, wo er von der Wehrmacht zwar als „dienstunfähig“ entlassen wird, dann aber beim „Volkssturm“ Dienst tun muss, weiters erfolgt am 4.3.1945 die Abkommandierung an die Westfront, wo er bei den „Rückzugsgefechtshandlungen“ eingesetzt wird. In Halberstadt/Sachsen-Anhalt wird er verschüttet, nochmals verwundet und gerät dann in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Juni 1945 entlassen wird. Während seiner Genesungsurlaube ist er seit 1940 als Arzt in Senfrenberg bei Krems tätig gewesen.
Nach dem Krieg gründet Otto Nuhr 1954 zusammen mit seiner Gattin Rosemarie († 2012) in Senftenberg das „Gesundheits-Zentrum“, das heutige „Nuhr Medical Center“ und erfüllt sich damit einen langjährigen Traum. Mit der von ihm entwickelten neuen Behandlungsmethode einer hochfrequenten Elektrotherapie legt er den Grundstein für die Spezialisierung auf Unfall-, neurologische und geriatrische Rehabilitation und Schmerztherapie.
Quellen
Krause, Peter/Reinelt, Herbert/Schmitt, Helmut (2020): Farbe tragen, Farbe bekennen. Katholische Korporierte in Widerstand und Verfolgung. Teil 2. Kuhl, Manfred (ÖVfStG, Wien) S. 233/234.
Photo: Rhaeten-Chronik